Verordnung der Landesregierung und des Sozialministeriums zur Durchführung des Landarztgesetzes Baden-Württemberg (Landarztgesetz-Durchführungsverordnung - LArztG-DVO) Vom 22. Dezember 2021
§ 1 Anwendungsbereich
Diese Verordnung dient der Umsetzung des Landarztgesetzes Baden-Württemberg. Sie legt die für den Vollzug des Landarztgesetzes Baden-Württemberg sowie dieser Verordnung zuständige Stelle fest.
§ 2 Zuständige Stelle
Zuständige Stelle im Sinne des Landarztgesetzes Baden-Württemberg sowie dieser Verordnung ist das Regierungspräsidium Stuttgart.
§ 3 Feststellung des besonderen öffentlichen Bedarfs, Prognoseentscheidung
(1) Das Sozialministerium überprüft und stellt unter Berücksichtigung der Feststellungen des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Baden-Württemberg zur Versorgungssituation und unter Einbeziehung von Prognoserechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg den besonderen öffentlichen Bedarf für die Festlegung einer Vorabquote im Sinne von Artikel 9
Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Staatsvertrags über die Hochschulzulassung vom 4. April 2019 (GBl. S. 405, 412) nach § 3
Absatz 2 des Landarztgesetzes Baden-Württemberg fest. Es teilt der zuständigen Stelle und dem für die Hochschulzulassung zuständigen Ministerium die Feststellung des besonderen öffentlichen Bedarfs für die Landarztquote mit.
(2) Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg übermittelt jährlich dem Sozialministerium bis jeweils 31. Oktober eines Kalenderjahres Prognoserechnungen zur zukünftigen hausärztlichen Versorgung auf der Grundlage der voraussichtlichen Entwicklung der Einwohner- und Arztzahlen und der aktuellen hausärztlichen Altersstruktur.
§ 4 Öffentlich-rechtlicher Vertrag, Vertragspflichten
(1) Durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nach § 2
des Landarztgesetzes Baden-Württemberg verpflichtet sich die ausgewählte Bewerberin oder der ausgewählte Bewerber (Verpflichtete oder Verpflichteter) gegenüber dem Land Baden-Württemberg, vertreten durch die zuständige Stelle,
1.
unverzüglich nach erfolgreichem Abschluss des Studiums der Humanmedizin eine Weiterbildung in Baden-Württemberg zu durchlaufen, die nach § 73
Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung berechtigt,
2.
unverzüglich nach erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung nach Nummer 1 für mindestens zehn Jahre ausschließlich in baden-württembergischen Bedarfsgebieten nach § 3
des Landarztgesetzes Baden-Württemberg eine vertragsärztliche Tätigkeit in der hausärztlichen Versorgung auszuüben und
3.
zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von bis zu 250 000 Euro für den Fall, dass sie oder er den vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachkommt.
(2) Die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Absatz 1 Nummer 2 kann in der Form einer eigenen Niederlassung oder der Anstellung als Ärztin oder Arzt erfolgen. Im Falle von Unterbrechungen der Tätigkeit nach Satz 1 verlängert sich die Dauer nach Absatz 1 Nummer 2 entsprechend. Der Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit soll in Vollzeit erbracht werden. Die zuständige Stelle kann im Einzelfall und aufgrund von besonderen sozialen, gesundheitlichen oder familiären Gründen sowie einer festgestellten Schwerbehinderteneigenschaft nach § 2
Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB IX) oder der Gleichstellung nach § 2
Absatz 3 SGB IX auf Antrag eine Tätigkeit in Teilzeit zulassen; diese muss mindestens einem Versorgungsumfang beziehungsweise einem Stellenanteil von 50 Prozent entsprechen. Für die Erfüllung der Verpflichtungen nach Absatz 1 Nummern 1 und 2 kann die zuständige Stelle auf schriftlichen Antrag einen Aufschub gewähren oder eine Unterbrechung zulassen, wenn ansonsten eine besondere Härte nach § 4
Absatz 2 Satz 2 des Landarztgesetzes Baden-Württemberg eintreten würde.
(3) Sofern mehrere Bedarfsgebiete vorhanden sind, trifft die zuständige Stelle die Entscheidung darüber, wo die oder der Verpflichtete ihre oder seine hausärztliche Tätigkeit nach Absatz 1 Nummer 2 aufnehmen soll. Die Zuteilung erfolgt dabei unter Berücksichtigung etwaiger Ortswünsche und persönlicher Lebensverhältnisse in der Reihenfolge des Studienbeginns; bei gleichem Studienbeginn entscheidet das Los. Zu den persönlichen Lebensverhältnissen zählen insbesondere bestehende Betreuungspflichten, eine festgestellte Schwerbehinderteneigenschaft nach § 2
Absatz 2 SGB IX oder die Gleichstellung nach § 2
Absatz 3 SGB IX.
(4) Die zuständige Stelle teilt der Stiftung für Hochschulzulassung die nach Absatz 1 durch öffentlich-rechtlichen Vertrag Verpflichteten zum Zwecke der Zulassung im Zentralen Vergabeverfahren zum Studium der Humanmedizin zu dem auf das jeweilige Auswahlverfahren folgende Wintersemester nach den Vorgaben der Hochschulzulassungsverordnung (HZVO) mit.
§ 5 Vertragsstrafe
Sofern die oder der Verpflichtete den Verpflichtungen nach § 4 Absatz 1 Nummern 1 oder 2 nicht oder nicht unverzüglich nachkommt, hat sie oder er eine Vertragsstrafe in Höhe von bis zu 250 000 Euro an das Land Baden-Württemberg zu zahlen. Die zuständige Stelle bestimmt die Höhe der Vertragsstrafe nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der oder des Verpflichteten und des Umfangs der von ihr oder ihm bis dahin erfüllten vertraglichen Verpflichtungen. Die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung finden hierbei entsprechende Anwendung.
§ 6 Bewerbungsverfahren, Bewerbungsvoraussetzungen
(1) Bewerbungen sind an die zuständige Stelle zu richten. Der Bewerbungsantrag erfolgt in elektronischer Form über die Plattform Serviceportal Baden-Württemberg. Vorab ist zusätzlich eine Registrierung der Bewerberin oder des Bewerbers nach § 4
Absatz 1 HZVO für das Dialogorientierte Serviceverfahren erforderlich; die Bewerberidentifikationsnummer im Dialogorientierte Serviceverfahren ist im Rahmen der Bewerbung gegenüber der zuständigen Stelle anzugeben.
(2) Die Bewerbung muss zur Berücksichtigung im Bewerbungsverfahren jeweils bis zum 31. März über das Online-Bewerbungsportal bei der zuständigen Stelle eingegangen sein. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Fällt das Ende der in Satz 1 genannten Frist auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Samstag, so endet die Frist mit dem Ablauf des entsprechenden Tages und verlängert sich nicht bis zum Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Das Nachreichen von Bewerbungsunterlagen nach Bewerbungsschluss ist ausgeschlossen.
(3) Die Bewerbung muss neben den Angaben zur Person der Bewerberin oder des Bewerbers folgende Unterlagen enthalten:
1.
beglaubigte Kopie der für den Studiengang Humanmedizin berechtigenden Hochschulzugangsberechtigung,
2.
tabellarischer Lebenslauf einschließlich eines Anschreibens mit Darstellung der persönlichen Beweggründe für die Bewerbung im Rahmen der Vorabquote sowie Reihung der Studienorte, auf die sich die Bewerbung bezieht,
3.
beglaubigte Kopie des Personalausweises oder Reisepasses und
4.
Mitteilung, dass der Prüfungsanspruch im Studiengang der Humanmedizin nicht verloren wurde und dass keine sonstigen Immatrikulationshindernisse nach § 60
Absatz 2 des Landeshochschulgesetzes vorliegen.
Soweit in dieser Verordnung keine Vorschriften enthalten sind, gelten die Vorschriften des Zentralen Vergabeverfahrens nach § 7
Abätze 2 und 3 HZVO.
(4) Die Bewerbung kann folgende Nachweise zu Auswahlkriterien, die im Rahmen der ersten Auswahlstufe nach § 7 Absatz 3 berücksichtigt werden sollen, enthalten:
1.
Nachweis über das Ergebnis eines von der zuständigen Stelle festgelegten strukturierten fachspezifischen Studieneignungstests, das den erreichten Testwert und den erreichten Prozentrangwert erkennen lässt und
2.
einen oder mehrere Nachweise über eine Berufsausbildung oder berufliche, ehrenamtliche Tätigkeit oder einer Tätigkeit nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder ein freiwilliger Wehrdienst nach dem Soldatengesetz in der Fassung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I S. 1482, 1483), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 20. August 2021 (BGBl. I S. 3932, 4010) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung nach § 7 Absatz 3 Satz 5 Nummern 1 bis 4.
(5) Bei Nachweisen, die nicht in deutscher Sprache vorliegen, ist bei der Bewerbung eine amtliche deutsche Übersetzung vorzulegen. Bei ausländischen Ausbildungsabschlüssen oder einer nicht nach deutschem Recht erworbenen Hochschulzugangsberechtigung ist die Gleichwertigkeit bei der Bewerbung in geeigneter Form nachzuweisen. Die Feststellung der Gleichwertigkeit der Hochschulzugangsberechtigung erfolgt auf der Grundlage der Bewertungsvorschläge der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland durch die zuständige Stelle, sofern nicht eine andere Stelle die Gleichwertigkeit bereits festgestellt hat und diese Feststellung von der zuständigen Stelle anerkannt wird.
(6) Die zuständige Stelle ist nicht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.
§ 7 Auswahlverfahren, Auswahlentscheidung und Rangliste, Punktesystem
(1) Die zuständige Stelle ermittelt die Anzahl der im Rahmen der Vorabquote nach § 2
Satz 1 des Landarztgesetzes Baden-Württemberg je Studienort zum vorgesehenen Zulassungsverfahren zur Verfügung stehenden Studienplätze nach der jeweils gültigen Zulassungszahlenverordnung Zentrales Vergabeverfahren und den Vorgaben der Hochschulzulassungsverordnung.
(2) Bei der Auswahl werden nach § 5
Absätze 3 und 4 des Landarztgesetzes Baden-Württemberg die folgenden Auswahlkriterien berücksichtigt:
1.
das Ergebnis eines fachspezifischen Studieneignungstests nach § 6 Absatz 4 Nummer 1,
2.
die Art und Dauer einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder Berufstätigkeit in einem Gesundheitsberuf, die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder einer Tätigkeit nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz sowie ein freiwilliger Wehrdienst nach dem Soldatengesetz, die jeweils über die fachspezifische Eignung für den Studiengang Humanmedizin sowie die anschließende hausärztliche Tätigkeit nach Maßgabe der Anlage Aufschluss geben können; es werden jeweils nur eine Berufsausbildung und jeweils nur eine Berufstätigkeit, jeweils einzeln oder in Kombination, berücksichtigt, und
3.
das Ergebnis eines oder mehrerer strukturierter und standardisierter, persönlicher Auswahlgespräche oder anderer mündlicher Verfahren, entweder einzeln oder in Kombination, das oder die über die besondere Eignung nach § 5
Absatz 2 des Landarztgesetzes Baden-Württemberg Aufschluss geben kann oder können.
(3) Die Berücksichtigung der in Absatz 2 genannten Kriterien erfolgt im Wege eines zweistufigen Auswahlverfahrens. In der ersten Stufe des Auswahlverfahrens werden zunächst die in Absatz 2 Nummern 1 und 2 genannten Kriterien berücksichtigt. Es sind maximal 100 Punkte zu erreichen. Dabei wird das Ergebnis des fachspezifischen Studieneignungstests nach Absatz 2 Nummer 1 mit maximal 60 Punkten nach einer durch die zuständige Stelle festzulegenden Formel bewertet. Die Berufsausbildung oder berufliche, ehrenamtliche Tätigkeit oder einer Tätigkeit nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder ein freiwilliger Wehrdienst nach dem Soldatengesetz nach Absatz 2 Nummer 2 werden wie folgt bewertet, wobei bei der Bewertung der Berufsausbildungen und Berufstätigkeiten nach den Nummern 1 und 2 die Berufsbilder unter Heranziehung eines Bewertungsfaktors berücksichtigt werden, der die Nähe des jeweiligen Berufs zu einer hausärztlichen Tätigkeit abbildet (Spreizungsfaktor):
1.
maximal 30 Punkte für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Gesundheitsberuf nach Nummer 1 der Anlage:
a)
für eine dreijährige Berufsausbildung 30 Punkte multipliziert mit dem Spreizungsfaktor,
b)
für eine zweieinhalbjährige Berufsausbildung 25 Punkte multipliziert mit dem Spreizungsfaktor,
c)
für eine zweijährige Berufsausbildung 20 Punkte multipliziert mit dem Spreizungsfaktor,
2.
fünf Punkte multipliziert mit dem Spreizungsfaktor für je sechs Monate einer beruflichen Tätigkeit von einem halben bis maximal zwei Jahren nach Nummer 1 der Anlage,
3.
zehn Punkte für eine einjährige Tätigkeit in einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nach Nummer 2 der Anlage oder ein freiwilliger Wehrdienst nach dem Soldatengesetz sowie
4.
zehn Punkte für mindestens zwei Jahre ehrenamtliche Tätigkeit nach Nummer 3 der Anlage.
Für die Kriterien nach Satz 5 Nummern 1 bis 4 können insgesamt maximal 40 Punkte erreicht werden. Der Rangplatz für die erste Stufe richtet sich nach der erzielten Summe der Punkte, beginnend mit der höchsten Punktzahl. Bei gleichem Punktwert erfolgt die Auswahl zunächst zugunsten der Bewerberin oder des Bewerbers, die oder der einen Freiwilligendienst nach Satz 5 Nummer 3 abgeleistet hat und danach entscheidet das Los über den Rangplatz.
(4) Zur Teilnahme am Auswahlverfahren auf zweiter Stufe sollen mindestens doppelt so viele Bewerberinnen und Bewerber eingeladen werden wie Studienplätze gemäß der Ermittlung nach Absatz 1 zur Verfügung stehen. Die Einladung zur Teilnahme am Auswahlverfahren auf zweiter Stufe richtet sich nach Maßgabe der Rangfolge der Bewerberinnen und Bewerber nach der ersten Stufe des Auswahlverfahrens. Nehmen mehrere Bewerberinnen und Bewerber den letzten zu berücksichtigenden Rangplatz nach Durchführung der ersten Stufe ein, gilt Absatz 3 Satz 8 entsprechend. Der Zeitraum, der Ort sowie die Form der Durchführung des Auswahlverfahrens auf zweiter Stufe werden in der Regel vier Wochen vor dem Auswahlverfahren auf zweiter Stufe auf der Homepage der zuständigen Stelle bekannt gegeben. Die Bewerberinnen und Bewerber werden rechtzeitig von der zuständigen Stelle zum Auswahlverfahren auf zweiter Stufe eingeladen.
(5) Im Auswahlverfahren auf zweiter Stufe werden die persönliche Eignung und Motivation der Bewerberinnen und Bewerber für eine hausärztliche Tätigkeit bewertet. Dieses Auswahlverfahren besteht aus einem oder mehreren Auswahlgesprächen nach Absatz 8 oder anderen mündlichen Verfahren, jeweils einzeln oder in Kombination. Es ist nicht öffentlich und kann im Wege der Bild- und Tonübertragung durchgeführt werden. Die Organisation, Festlegung und Durchführung liegen im Ermessen der zuständigen Stelle im Benehmen mit dem Sozialministerium. Die besonderen Belange von Teilnehmenden mit Behinderungen sind zur Wahrung ihrer Chancengleichheit zu berücksichtigen; die zuständige Stelle stellt die barrierefreie Gestaltung des Auswahlverfahrens sicher.
(6) Zur Vorbereitung der Auswahlentscheidung setzt die zuständige Stelle eine fachkundig besetzte Auswahlkommission ein. Diese besteht aus mindestens drei Personen und setzt sich aus mindestens einer Hochschullehrerin oder einem Hochschullehrer auf Vorschlag der medizinischen Fakultäten der Universitäten des Landes Baden-Württemberg, einer Ärztin oder einem Arzt aus der hausärztlichen Versorgung und einem weiteren Mitglied mit ärztlicher Sachkunde zusammen. Die Tätigkeit in der Auswahlkommission ist vertraulich zu behandeln, insbesondere dürfen Inhalte des Auswahlverfahrens nicht an Dritte weitergegeben werden. Die Berufung erfolgt für das jeweilige Auswahlverfahren und kann wiederholt ausgesprochen werden. Für die Tätigkeit in der Auswahlkommission wird eine angemessene Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz geleistet. Reisekosten werden nach Maßgabe des Gesetzes zur Neufassung des Landesreisekostengesetzes ersetzt.
(7) Befangenheiten der Auswahlkommission sind auszuschließen. Gründe, die eine Befangenheit begründen können, sind von den betroffenen Mitgliedern der Auswahlkommission gegenüber der zuständigen Stelle unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Gleiches gilt für die Behauptung des Vorliegens eines solchen Grundes durch ein anderes Auswahlkommissionsmitglied. Im Benehmen mit dem Sozialministerium kann die zuständige Stelle die Berufung aus Befangenheit oder anderem wichtigem Grund widerrufen oder eine berufene Person von einem Auswahlverfahren ganz oder teilweise ausschließen. § 20
Absätze 1 und 5 sowie § 21
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes sind entsprechend anzuwenden.
(8) Auswahlgespräche nach Absatz 5 erfolgen auf Basis von strukturierten Fragebögen und dauern in der Regel mindestens 20 bis 25 Minuten. Vertreterinnen und Vertreter des Sozialministeriums sind berechtigt, beobachtend teilzunehmen. Der Verlauf, die Fragen und Antworten sowie die wesentlichen Entscheidungsgründe für die Bewertung der im Auswahlverfahren auf zweiter Stufe erbrachten Leistungen sind von der Auswahlkommission zu protokollieren. Darüber hinaus werden aus dem Protokoll Tag und Ort des Gesprächs, die Namen der Kommissionsmitglieder, die Namen der Bewerberinnen und Bewerber und die Beurteilungen ersichtlich.
(9) Im Auswahlverfahren auf zweiter Stufe werden für jede Bewerberin oder jeden Bewerber bis zu 100 Punkte vergeben. Besteht dieses Auswahlverfahren aus mehreren Teilen, bestimmt die zuständige Stelle vor Beginn des Auswahlverfahrens auf zweiter Stufe die Punkteaufteilung und teilt dies den Bewerberinnen und Bewerbern rechtzeitig vor Beginn des Auswahlverfahrens auf zweiter Stufe mit. Die Bewertungen im Auswahlverfahren auf zweiter Stufe erfolgen auf einer von der zuständigen Stelle festzulegenden Punkteskala. Die Punkteskala berücksichtigt einerseits den Gesamteindruck der Bewerberin oder des Bewerbers und andererseits die Kriterien Motivation, Eignung und Reflexion.
(10) Der Rangplatz in der abschließenden Rangliste richtet sich nach der erzielten Gesamtsumme der Punkte, beginnend mit der höchsten Punktzahl. Zur Ermittlung der Gesamtsumme werden die Punktwerte der ersten und zweiten Auswahlverfahrensstufen addiert. Bei gleicher Gesamtsumme entscheidet zuerst der Freiwilligendienst nach Absatz 3 Satz 5 Nummer 3, danach das Los.
(11) Erscheint eine Bewerberin oder ein Bewerber zum Termin oder den Terminen des Auswahlverfahrens auf zweiter Stufe nicht oder nicht rechtzeitig oder bricht sie oder er das Gespräch ab, so gilt das Auswahlverfahren als erfolglos beendet, es sei denn, die Bewerberin oder der Bewerber weist unverzüglich schriftlich gegenüber der zuständigen Stelle nach, dass ein wichtiger Grund für das verspätete Erscheinen, das Nichterscheinen oder den Abbruch des Gesprächs vorgelegen hat. Bei Krankheit ist ein ärztliches Attest vorzulegen, das die für die Beurteilung nötigen medizinischen Befundtatsachen enthält. Kann ein wichtiger Grund schriftlich nachgewiesen werden und gibt es noch freie Plätze, kann die zuständige Stelle die Bewerberin oder den Bewerber erneut zum Auswahlverfahren auf zweiter Stufe einladen.
(12) Täuscht eine Bewerberin oder ein Bewerber oder versucht sie oder er den Ausgang des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens durch Täuschung zu beeinflussen, so gilt das Auswahlverfahren als erfolglos beendet.
§ 8 Entscheidungen und Verpflichtungen der zuständigen Stelle
(1) Die zuständige Stelle übersendet den Bewerberinnen und Bewerbern, die zum Auswahlverfahren auf zweiter Stufe eingeladen werden, zusammen mit der Einladung den öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 4. Die von den Bewerberinnen und Bewerbern unterschriebenen Exemplare müssen spätestens bis zu dem von der zuständigen Stelle bestimmten Datum bei der zuständigen Stelle eingehen. Es handelt sich um eine Ausschlussfrist. Fällt das Ende der in Satz 2 genannten Frist auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Samstag, so endet die Frist mit dem Ablauf des entsprechenden Tages und verlängert sich nicht bis zum Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Erfolgt keine fristgerechte Einreichung des unterzeichneten Vertrags, gilt die Bewerbung als zurückgenommen. Es rückt die nächste Bewerberin oder der nächste Bewerber in der abschließenden Rangliste nach. Die Sätze 1 bis 5 gelten für die nachrückenden Bewerberinnen und Bewerber entsprechend. Die Bewerberinnen und Bewerber können nach der Rücksendung des unterzeichneten Vertrags durch schriftliche Mitteilung an die zuständige Stelle bis zum ersten Werktag des Monats Juli des jeweiligen Jahres vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die zuständige Stelle übermittelt nach Abschluss des Auswahlverfahrens den Verpflichteten ein gegengezeichnetes Exemplar des Vertrags und der Stiftung für Hochschulzulassung die geordnete Liste der Verpflichteten mit den nach § 9 zugeordneten Studienplätzen. Alle anderen Bewerberinnen und Bewerber erhalten von der zuständigen Stelle einen Ablehnungsbescheid.
§ 9 Verteilung auf Hochschulorte
Die Zuordnung der ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber zu den einzelnen Studienorten erfolgt unter Berücksichtigung der in der Bewerbung angegebenen Reihung der Studienorte.
§ 10 Mitteilungs-, Mitwirkungs- und Nachweispflichten, Form und Fristen
(1) Nach Erhalt des Zulassungsbescheids zum Studium der Humanmedizin durch die Stiftung für Hochschulzulassung haben die Verpflichteten die zuständige Stelle binnen sieben Werktagen schriftlich oder elektronisch darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie zum Studium der Humanmedizin zugelassen wurden und diesen Studienplatz annehmen werden.
(2) Das Studium soll in der Regelstudienzeit absolviert werden. Die Verpflichteten informieren die zuständige Stelle über den Verlauf des Studiums der Humanmedizin durch Vorlage einer gültigen Immatrikulationsbescheinigung vor Beginn des jeweiligen Semesters sowie unverzüglich über einen Abbruch oder eine Unterbrechung des Studiums der Humanmedizin oder einen Studienortwechsel.
(3) Nach Abschluss des Studiums haben die Verpflichteten die zuständige Stelle jeweils unverzüglich darüber zu informieren, wann sie ihre Weiterbildung nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 aufgenommen haben und wann sie diese erfolgreich beendet haben. Der Abbruch oder eine Unterbrechung der Weiterbildung ist der zuständigen Stelle unverzüglich mitzuteilen. Die Verpflichteten können nach der erfolgreichen Beendigung der Weiterbildung für die Entscheidung nach § 4 Absatz 3 entsprechende Ortswünsche gegenüber der zuständigen Stelle angeben.
(4) Der Härtefallantrag nach § 4
Absatz 2 des Landarztgesetzes Baden-Württemberg ist in Textform nach § 126b
des Bürgerlichen Gesetzbuches zu stellen.
(5) Nach der Aufnahme der hausärztlichen Tätigkeit haben die Verpflichteten gegenüber der zuständigen Stelle jeweils bis zum 31. Januar eines Jahres unaufgefordert die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit für das vorangegangene Jahr bis zum Ende der Dauer der Verpflichtung nach § 4 Absatz 1 Nummer 2 in geeigneter Form nachzuweisen.
(6) Jede Änderung der Wohnanschrift und des Familiennamens sind der zuständigen Stelle von den Verpflichteten unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.
(7) Die zuständige Stelle bestimmt die Form und Fristen der jeweils einzureichenden Unterlagen, soweit diese Verordnung keine Vorgaben enthält.
§ 11 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Landarztgesetz-Durchführungsverordnung vom 20. April 2021 (GBl. S. 399) außer Kraft.
Anlage
(zu § 7 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3)
Berücksichtigungsfähige Berufsausbildungen, Berufstätigkeiten, praktische und ehrenamtliche Tätigkeiten
1.
Berufsausbildungen und -tätigkeiten (Spreizungsfaktor)
•
Altenpflegerin oder Altenpfleger (1,0)
•
Anästhesietechnische Assistentin oder Anästhesietechnischer Assistent (1,0)
•
Arzthelferin oder Arzthelfer (1,0)
•
Biologielaborantin oder Biologielaborant (0,5)
•
Chemielaborantin oder Chemielaborant (0,5)
•
Diätassistentin oder Diätassistent (0,5)
•
Ergotherapeutin oder Ergotherapeut (0,5)
•
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger (1,0)
•
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger (1,0)
•
Hebamme oder Entbindungspfleger (1,0)
•
Heilerziehungspflegerin oder Heilerziehungspfleger (0,5)
•
Kinderkrankenschwester oder Kinderkrankenpfleger (1,0)
•
Krankenschwester oder Krankenpfleger (1,0)
•
Logopädin oder Logopäde (0,5)
•
Medizinische Fachangestellte oder Medizinischer Fachangestellter (1,0)
•
Medizinisch-technische Assistentin - Funktionsdiagnostik oder Medizinisch-technischer Assistent - Funktionsdiagnostik (1,0)
•
Medizinisch-technische Assistentin oder Medizinisch-technischer Assistent (1,0)
•
Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin oder Medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent (1,0)
•
Medizinisch-technische Radiologieassistentin oder Medizinisch-technischer Radiologieassistent (1,0)
•
Notfallsanitäterin oder Notfallsanitäter (1,0)
•
Operationstechnische Angestellte oder Operationstechnischer Angestellter (1,0)
•
Operationstechnische Assistentin oder Operationstechnischer Assistent (1,0)
•
Orthoptistin oder Orthoptist (0,5)
•
Pflegefachkraft (1,0)
•
Pharmazeutisch-technische Assistentin oder Pharmazeutisch-technischer Assistent (0,5)
•
Physician Assistent (Arztassistentin oder Arztassistent) (1,0)1
•
Physiotherapeutin oder Physiotherapeut (1,0)
•
Podologin oder Podologe (0,5)
•
Rettungsassistentin oder Rettungsassistent (0,5)
•
Zahnmedizinische Fachangestellte oder Zahnmedizinischer Fachangestellter (0,5).
2.
Praktische Tätigkeiten im Rahmen eines Freiwilligendienstes
Praktisch ist eine Tätigkeit, wenn sie einen gewissen Arbeitsumfang bedeutet und dem Gemeinwohl dient. Eine praktische Tätigkeit im Rahmen eines Freiwilligendienstes bedeutet in der Regel einen gewissen Arbeitsumfang, wenn sie den zeitlichen Rahmen entsprechend § 3
des Bundesfreiwilligendienstgesetzes einnimmt. Als einschlägige praktische Tätigkeiten kommen insbesondere in Betracht:
•
abgeleisteter Zivildienst oder Bundesfreiwilligendienst in einer pflegerischen Einrichtung mit Patientenkontakt,
•
abgeleisteter Zivildienst oder Bundesfreiwilligendienst im Bereich des Krankenhauswesens mit Patientenkontakt,
•
freiwilliges Soziales Jahr in einer pflegerischen Einrichtung mit Patientenkontakt,
•
freiwilliges Soziales Jahr im Bereich des Krankenhauswesens mit Patientenkontakt,
•
freiwilliges Soziales Jahr im Bereich des Rettungsdienstes.
3.
Ehrenamtliche Tätigkeiten
Ehrenamtlich ist eine Tätigkeit, wenn sie dem Gemeinwohl dient und nicht in beruflicher oder gewerblicher Art ausgeübt wird. Als einschlägige ehrenamtliche Tätigkeiten kommen insbesondere in Betracht:
•
ehrenamtliche Tätigkeit in einer pflegerischen Einrichtung mit Patientenkontakt,
•
ehrenamtliche Tätigkeit im Bereich des Krankenhauswesens mit Patientenkontakt.
Fußnoten
1
Der Physician Assistent wird ausschließlich im Rahmen der Dauer einer beruflichen Tätigkeit in einem Gesundheitsberuf nach § 7
Absatz 3 Satz 5 Nummer 2 der Landarztgesetz-Durchführungsverordnung berücksichtigt.
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