Gesetz über die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten (Kurortegesetz - KurorteG)
§ 1 Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten
(1) Eine Gemeinde oder Ortsteile einer Gemeinde werden auf Antrag als Kurort oder Erholungsort anerkannt, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 erfüllen.
(2) Kurorte verfügen über natürliche Heilmittel des Bodens, des Klimas oder wissenschaftlich anerkannte hydrotherapeutische Heilverfahren (insbesondere nach Kneipp), die zur Vorbeugung von Krankheiten sowie zu deren Heilung und Linderung durch zweckentsprechende Einrichtungen angewendet werden. Der Ortscharakter sowie die touristische Infrastruktur tragen den kurörtlichen Belangen Rechnung.
(3) Natürliche Heilmittel sind insbesondere Heilquellen, Heilmoore und Heilklima. Als natürliche Heilmittel im Sinne dieses Gesetzes gelten auch Heilstollen in natürlichen Höhlen oder in ehemaligen Bergwerken. Quellvorkommen gelten nur dann als Heilquelle, wenn sie nach § 53 Absatz 2
des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBI. I S. 2585) staatlich anerkannt sind.
(4) Die Eignung des natürlichen Heilmittels zu Heilzwecken ist durch wissenschaftliche Analysen und Gutachten nachzuweisen. Ein anerkanntes Heilmittel muss zu jedem Zeitpunkt dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen.
(5) Es werden folgende Arten von Kurorten unterschieden:
1.
Mineralheilbad,
2.
Thermalheilbad,
3.
Soleheilbad,
4.
Moorheilbad,
5.
Heilklimatischer Kurort,
6.
Kneipp-Heilbad,
7.
Kneipp-Kurort,
8.
Ort mit Heilquellen-Kurbetrieb,
9.
Ort mit Moor (Peloid)-Kurbetrieb,
10.
Ort mit Sole-Kurbetrieb,
11.
Ort mit Heilstollen-Kurbetrieb und
12.
Luftkurort.
(6) Erholungsorte verfügen über eine landschaftlich bevorzugte und klimatisch begünstigte Lage, einen Ortscharakter sowie eine touristische Infrastruktur, die den spezifischen Belangen von Erholung und Freizeit Rechnung tragen.
§ 2 Anerkennungsvoraussetzungen
(1) Für die staatliche Anerkennung als Kurort mit einer Artbezeichnung nach § 1 Absatz 5 ist das natürliche, wissenschaftlich nach § 1 Absatz 4 anerkannte und durch Erfahrung bewährte Heilmittel oder das wissenschaftlich anerkannte hydrotherapeutische Heilverfahren, auf dessen Anwendbarkeit der Kurbetrieb basiert, namengebend. Das natürliche Heilmittel oder das hydrotherapeutische Heilverfahren ist Grundlage für die Ausrichtung des Kurbetriebs und des Kurortcharakters. Des Weiteren müssen in der Gemeinde für die staatliche Anerkennung als Kurort mit einer Artbezeichnung nach § 1 Absatz 5 Nummern 1 bis 11
1.
ein durch Erfahrung bewährtes und therapeutisch anwendbares Bioklima,
2.
eine die Gesundungs- und Erholungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigende Luftqualität,
3.
wissenschaftlich anerkannte und bekannt gegebene Haupt- und Gegenheilanzeigen,
4.
leistungsfähige Einrichtungen zur Anwendung eines Heilmittels oder eines Therapiekonzeptes sowie
5.
eine dem Kurortcharakter dienende Infrastruktur und Freizeitangebote in entsprechender Qualität
vorhanden sein. Die Ortslage muss der Artbezeichnung entsprechen und darf, ebenso wie die Immissionsbelastung, die Gesundungs- und Erholungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigen.
(2) Für die staatliche Anerkennung als Kurort mit einer Artbezeichnung nach § 1 Absatz 5 Nummer 12 oder als Erholungsort nach Absatz 6 müssen entsprechend der Artbezeichnung in der Gemeinde
1.
ein durch Erfahrung bewährtes und therapeutisch anwendbares Bioklima,
2.
eine die Gesundungs- und Erholungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigende Luftqualität,
3.
eine dem Ortscharakter dienende touristische Infrastruktur und Freizeitangebote zur Unterstützung der Erholung sowie
4.
ein Angebot an Gesundheitsdienstleistungen, die dem Kurbetrieb dienen,
vorhanden sein. Die Ortslage muss der Artbezeichnung entsprechen und darf, ebenso wie die Immissionsbelastung, die Gesundungs- und Erholungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigen. Für § 1 Absatz 6 gelten Satz 1 Nummer 4 und Satz 1 Nummer 1 hinsichtlich der therapeutischen Anwendbarkeit des Bioklimas nicht.
(3) Im Fall einer auf einen Ortsteil oder mehrere Ortsteile einer Gemeinde begrenzten Anerkennung, müssen die Anerkennungsvoraussetzungen in dem entsprechenden Ortsteil oder den Ortsteilen erfüllt sein.
§ 3 Anerkennungsverfahren
(1) Die staatliche Anerkennung erfolgt auf schriftlichen oder elektronischen Antrag der Gemeinde, auf deren Gebiet sich die Artbezeichnung nach § 1 Absatz 5 oder 6 erstrecken soll, beim zuständigen Regierungspräsidium. Dem Antrag auf Anerkennung sind die erforderlichen Unterlagen über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anerkennung beizufügen.
(2) Eine Artbezeichnung nach § 1 Absatz 5 oder 6 wird anerkannt, wenn die Voraussetzungen nach § 2 für die jeweilige Artbezeichnung unter Berücksichtigung der im Kur- und Bäderwesen allgemein anerkannten Grundsätze, insbesondere die allgemeinen gesundheitlichen Voraussetzungen, erfüllt sind. Vor der Entscheidung über einen Anerkennungsantrag sind die fachlich berührten Ministerien und der Landesfachausschuss für die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten zu hören.
(3) Eine Gemeinde kann als Kurort mit mehreren Artbezeichnungen nach § 1 Absatz 5 anerkannt werden. Die Anerkennung nach § 1 Absatz 6 kann für eine Gemeinde oder einen Ortsteil einer Gemeinde erfolgen, wenn für dieses Gebiet der Gemeinde keine Anerkennung nach § 1 Absatz 5 besteht.
(4) Die Anerkennung erfolgt durch das für den Tourismus zuständige Ministerium. Die Anerkennung der Artbezeichnung wird im Staatsanzeiger Baden-Württemberg bekannt gegeben.
(5) Das für den Tourismus zuständige Ministerium kann durch Rechtsverordnung die Befugnis zur Anerkennung der Artbezeichnungen »Luftkurort« und »Erholungsort« auf nachgeordnete Behörden übertragen und bestimmen, dass bei der nachgeordneten Behörde ein Fachausschuss für die Anerkennung von Luftkur- und Erholungsorten eingerichtet wird, der an die Stelle des Landesfachausschusses für die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten tritt. Die Geschäftsordnung des Fachausschusses bedarf der Genehmigung durch das für den Tourismus zuständige Ministerium.
§ 4 Auflagen und Überprüfung
(1) Die staatliche Anerkennung kann unter Auflagen ausgesprochen werden. Zur Sicherung des Fortbestandes der jeweiligen Anerkennungsvoraussetzungen können Auflagen nachträglich verfügt werden.
(2) Die Gemeinde, deren Gebiet eine staatliche Anerkennung führt, ist verpflichtet, Änderungen der Anerkennungsvoraussetzungen dem zuständigen Regierungspräsidium unverzüglich mitzuteilen.
(3) Das Fortbestehen der Anerkennungsvoraussetzungen ist vom zuständigen Regierungspräsidium spätestens alle zehn Jahre zu überprüfen. Die Gemeinde hat hierfür die Ergebnisse der periodischen Überprüfung der Eigenschaften des Heilmittels, des Klimas und der Luftqualität mitzuteilen.
(4) Besteht Grund zur Annahme, dass eine Voraussetzung für die Anerkennung nicht mehr erfüllt ist, kann die zuständige Behörde eine sofortige Überprüfung der Anerkennung vornehmen.
§ 5 Führung von Artbezeichnungen
(1) Eine Artbezeichnung nach § 1 darf öffentlich oder im Geschäftsverkehr in Verbindung mit dem Namen der Gemeinde nur verwendet werden, wenn sie anerkannt ist. Sie darf im amtlichen Verkehr nur mit dem Zusatz »staatlich anerkannt« verwendet werden.
(2) Ist eine Artbezeichnung nach § 1 nicht anerkannt, darf öffentlich oder im Geschäftsverkehr auch die allgemeine Bezeichnung Kurort in Verbindung mit dem Namen der Gemeinde nicht verwendet werden.
(3) Andere Bezeichnungen als die im § 1 genannten Artbezeichnungen dürfen öffentlich oder im Geschäftsverkehr in Verbindung mit dem Namen der Gemeinde nicht verwendet werden, wenn sie geeignet sind, eine Qualifikation nach Art des § 1 vorzutäuschen.
(4) Die Bezeichnungen »Staatsbad« und »staatliche Bäder- und Kurverwaltung« für die vom Land betriebenen Heilbäder dürfen weitergeführt werden.
§ 6 Rücknahme und Widerruf der Anerkennung
(1) Die staatliche Anerkennung wird zurückgenommen, wenn zum Zeitpunkt der Anerkennung eine der in § 2 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt war. Die Rücknahme ist nur innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.
(2) Die staatliche Anerkennung wird widerrufen, wenn
1.
eine ihrer Voraussetzungen nicht nur vorübergehend entfallen ist,
2.
nachträglich Tatsachen eintreten, die eine Anerkennung nicht rechtfertigen oder
3.
mit der staatlichen Anerkennung verbundene Auflagen nach § 4 nicht oder nicht innerhalb der gesetzten Frist erfüllt werden.
(3) Vor der Rücknahme oder dem Widerruf der staatlichen Anerkennung ist die Gemeinde, für deren Gebiet die Artbezeichnung gilt, zu hören. Der Gemeinde ist die Gelegenheit einzuräumen, festgestellte Mängel innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen.
(4) Vor Aufhebung einer Anerkennung ist der Landesfachausschuss für die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten zu hören.
(5) Die Rücknahme oder der Widerruf der staatlichen Anerkennung wird im Staatsanzeiger Baden-Württemberg bekannt gegeben. Für die Bekanntmachung ist das für den Tourismus zuständige Ministerium zuständig.
§ 7 Landesfachausschuss für die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten
(1) Bei dem für den Tourismus zuständigen Ministerium wird der Landesfachausschuss für die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten eingesetzt. Der Landesfachausschuss soll bei grundsätzlichen Fragen des Kur- und Erholungswesens und der Anerkennung sowie Aberkennung der Artbezeichnungen gehört werden.
(2) Das für den Tourismus zuständige Ministerium hat den Vorsitz des Landesfachausschusses inne. Die Sitzungen des Landesfachausschusses werden durch das für den Tourismus zuständige Ministerium einberufen.
(3) Der Landesfachausschuss kann sich eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Genehmigung durch das für den Tourismus zuständige Ministerium.
(4) Das für den Tourismus zuständige Ministerium beruft die Vertreter folgender Stellen mit je einem Mitglied:
1.
Heilbäderverband Baden-Württemberg e. V.,
2.
Verband Baden-Württembergischer Badeärzte e. V.,
3.
Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau,
4.
Deutscher Wetterdienst,
5.
Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Baden-Württemberg e. V.,
6.
Städtetag Baden-Württemberg e. V.,
7.
Gemeindetag Baden-Württemberg e. V.,
8.
Tourismusverband Baden-Württemberg e. V. und
9.
Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg e. V.
(5) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für fünf Jahre berufen. Die Berufung der Mitglieder des Landesfachausschusses erfolgt auf Vorschlag der in Absatz 4 genannten Stellen. Änderungen in der Besetzung sind dem für den Tourismus zuständigen Ministerium bekannt zu geben. Die Tätigkeit im Landesfachausschuss ist ehrenamtlich.
(6) An den Beratungen des Landesfachausschusses können Vertreter der fachlich berührten Ministerien und der Regierungspräsidien teilnehmen.
§ 8 Schutz vor Umwelteinwirkungen
(1) Die Ortspolizeibehörden können für anerkannte Kur- und Erholungsorte oder für Teile dieser Orte durch Polizeiverordnung bestimmte schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche oder Luftverunreinigungen wie insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub und Geruch untersagen, soweit dies mit Rücksicht auf das besondere Schutzbedürfnis des Ortes geboten ist. § 17 Absatz 1
des Polizeigesetzes bleibt im Übrigen unberührt.
(2) Bei Zuwiderhandlung gegen eine nach Absatz 1 erlassene Polizeiverordnung ist § 26 Absatz 1, 2 und 4
des Polizeigesetzes anzuwenden.
§ 9 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer
1.
entgegen § 5 Absatz 1 eine nicht anerkannte Artbezeichnung verwendet,
2.
entgegen § 5 Absatz 2 die allgemeine Bezeichnung Kurort verwendet, ohne dass eine Artbezeichnung nach § 1 anerkannt ist oder
3.
entgegen § 5 Absatz 3 eine andere Bezeichnung verwendet, die geeignet ist, eine Qualifikation nach Art des § 1 vorzutäuschen.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 5 000 Euro geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1
des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das zuständige Regierungspräsidium.
§ 10 Übergangsbestimmungen
Artbezeichnungen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes geführt werden, gelten als nach diesem Gesetz anerkannt. Alle Anerkennungen unterliegen dem im Gesetz beschriebenen Verfahren.
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