Gesetz über die Sozialarbeit der Justiz (GSJ) Vom 26. Oktober 2016
Abschnitt 1 Rahmenbedingungen
§ 1 Sozialarbeit der Justiz
(1) [1]
Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für die Bewährungshilfe, die Gerichtshilfe und die Sozialarbeit im Justizvollzug.
(2) Das Justizministerium kann durch Rechtsverordnung fachliche Richtlinien für die Bewährungshilfe, die Gerichtshilfe und die Sozialarbeit im Justizvollzug erlassen. In der Rechtsverordnung können insbesondere Vorgaben zur fachlichen Ausgestaltung der Betreuungsprozesse geregelt werden.
Fußnoten
[1]
Absatz 1 in Kraft mit Wirkung vom 1. Januar 2017
§ 2 [1] Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Justiz
(1) Die Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer und die Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer nehmen die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe bei der Landesanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg wahr.
(2) Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Justizvollzug nehmen die Aufgaben der Sozialarbeit im Justizvollzug wahr. Vorgesetzte und unmittelbare Dienstvorgesetzte der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter im Justizvollzug sind die Leiterinnen und Leiter der jeweiligen Justizvollzugsanstalt.
(3) Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialarbeit der Justiz sollen eine staatliche Anerkennung als Sozialarbeiterin oder Sozialarbeiter oder Sozialpädagogin oder Sozialpädagoge oder eine gleichwertige Ausbildung besitzen.
(4) Ehrenamtliche Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer haben Anspruch auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen. In der Satzung der Landesanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg kann eine Abgeltung der notwendigen Auslagen durch angemessene, fallbezogene Pauschalentschädigungen geregelt werden.
Fußnoten
[1]
§ 2 in Kraft mit Wirkung vom 1. Januar 2017
Abschnitt 2 Landesanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg
§ 3 Errichtung, Rechtsstellung und Sitz der Landesanstalt
(1) Das Land errichtet die Landesanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg (BGBW) als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Stuttgart.
(2) Die BGBW ist berechtigt, das kleine Landeswappen sowie ein Dienstsiegel mit dem kleinen Landeswappen und dem Namen »Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg« als Umschrift zu führen.
§ 4 Aufgaben der BGBW
(1) Der BGBW obliegen die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe.
(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben kann sich die BGBW Dritter bedienen und Kooperationen eingehen. Sie kann ferner alle Geschäfte betreiben, die unmittelbar der Erfüllung ihrer Aufgaben dienen.
(3) Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 5 Finanzierung, Gewährträger der BGBW
(1) Die zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags erforderlichen Mittel werden der BGBW vom Land nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans zugewiesen.
(2) Zur kurzfristigen Liquiditätssicherung kann die BGBW in dem vom Finanzministerium festgelegten Rahmen Betriebsmittelkredite in Anspruch nehmen. Darüber hinaus darf sie keine Kredite aufnehmen.
(3) Gewährträger der BGBW ist das Land. Das Land haftet für Verbindlichkeiten der BGBW unbeschränkt. Es kann erst in Anspruch genommen werden, wenn und soweit Gläubiger aus dem Vermögen der BGBW nicht befriedigt werden konnten.
§ 6 Organe der BGBW
Organe der BGBW sind der Vorstand und der Verwaltungsrat.
§ 7 Vorstand der BGBW
(1) Der Vorstand der BGBW kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Die Mitglieder des Vorstands werden für höchstens fünf Jahre vom Justizministerium bestellt und abberufen. Die wiederholte Bestellung ist zulässig.
(2) Der Vorstand führt die Geschäfte unter Beachtung der fachlichen Zielsetzungen der BGBW nach wirtschaftlichen Grundsätzen.
(3) Der Vorstand ist für alle Angelegenheiten zuständig, die nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes dem Verwaltungsrat zugewiesen sind. Der Vorstand vertritt die BGBW gerichtlich und außergerichtlich.
(4) Der Verwaltungsrat kann eine Geschäftsordnung für den Vorstand erlassen.
(5) Der Vorstand hat die Mitglieder des Verwaltungsrats und das Justizministerium über den Gang der Geschäfte und sonstige wichtige Angelegenheiten regelmäßig sowie über besondere Anlässe unverzüglich zu unterrichten. Er hat dem Verwaltungsrat und dem Justizministerium in allen Angelegenheiten Auskunft zu geben.
(6) Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 8 Verwaltungsrat der BGBW
(1) Der Verwaltungsrat besteht aus drei vom Justizministerium benannten Mitgliedern und einem vom Finanzministerium benannten Mitglied. Die Mitglieder werden vom Justizministerium bestellt und abberufen; wiederholte Bestellungen sind zulässig. Die oder der Vorsitzende und die oder der stellvertretende Vorsitzende werden vom Justizministerium benannt. Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die zu bestellende Vertretung der einzelnen Verwaltungsratsmitglieder.
(2) Die Mitglieder des Verwaltungsrats haben bei ihrer Tätigkeit die Interessen des Landes zu berücksichtigen. Sie unterliegen im Einzelfall der Weisung des sie benennenden Ministeriums.
(3) Die Amtszeit der Mitglieder und deren Stellvertretung dauert höchstens fünf Jahre. Jedes Verwaltungsratsmitglied kann sein Amt jederzeit durch schriftliche Erklärung gegenüber der oder dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats niederlegen. Dem Vorstand und dem benennenden Ministerium, in jedem Fall auch dem Justizministerium, ist jeweils eine Mehrfertigung der schriftlichen Erklärung zuzuleiten. Die oder der Vorsitzende des Verwaltungsrats erklärt die Niederlegung des Amts gegenüber dem Justizministerium. Scheidet ein Mitglied oder eine Stellvertretung vor Ablauf der Amtszeit aus, wird für den Rest der Amtszeit ein Ersatzmitglied bestellt.
(4) Der Verwaltungsrat kann sich eine Geschäftsordnung geben.
(5) Der Verwaltungsrat ist beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen sind und mindestens zwei Mitglieder, darunter die oder der Vorsitzende oder stellvertretende Vorsitzende, anwesend sind. Kann der Verwaltungsrat mangels Beschlussfähigkeit nicht entscheiden, ist er binnen 14 Tagen erneut einzuberufen. In dieser Sitzung ist der Verwaltungsrat ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig, sofern hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist.
(6) Beschlüsse des Verwaltungsrats werden mit einfacher Mehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden und im Fall der Verhinderung die Stimme der oder des stellvertretenden Vorsitzenden.
(6) Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 9 Aufgaben des Verwaltungsrats der BGBW
(1) Der Verwaltungsrat berät den Vorstand und überwacht dessen Geschäftsführung. Er kann jederzeit einen Bericht über alle Angelegenheiten der BGBW verlangen. Er kann die Bücher, Akten und sonstigen Unterlagen einsehen und prüfen sowie einzelne Mitglieder und Dritte damit beauftragen.
(2) Dem Verwaltungsrat obliegt es, für die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Vorstands dem Justizministerium Vorschläge zu unterbreiten sowie gegebenenfalls die Anstellungsverhältnisse zu regeln.
(3) Die BGBW wird gegenüber den Mitgliedern des Vorstands durch den Verwaltungsrat vertreten.
(4) Wird von der Möglichkeit nach § 11 Absatz 2 Gebrauch gemacht, bestellt der Verwaltungsrat den Abschlussprüfer, erteilt ihm den Prüfungsauftrag und trifft mit ihm die Honorarvereinbarung. Ferner stellt er den Jahresabschluss fest und entscheidet über die Verwendung des Jahresergebnisses sowie eines Ergebnisvortrags aus vorangegangenen Geschäftsjahren.
(5) Der vorherigen Zustimmung des Verwaltungsrats bedürfen alle Geschäfte und Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung, die über den Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs hinausgehen, sowie diejenigen, bei denen sich der Verwaltungsrat die vorherige Zustimmung vorbehalten hat.
(6) Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 10 Verschwiegenheitspflicht
(1) Die Verschwiegenheitspflicht nach § 37
des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) gilt für die Mitglieder der Organe der BGBW wie auch für alle sonst mit Angelegenheiten der BGBW befassten Personen entsprechend. Den Mitteilungen im dienstlichen Verkehr nach § 37
Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 BeamtStG steht die Erfüllung von sonstigen Informationspflichten innerhalb der BGBW wie auch im Verhältnis zu den Aufsichts- und Prüfungsbehörden im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit gleich.
(2) Bei der Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen zur BGBW dürfen deren vertrauliche Angaben und Geheimnisse nicht veröffentlicht werden.
(3) Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 11 Wirtschaftsführung, Buchführung, Rechnungslegung, Prüfung der BGBW
(1) Für die BGBW gelten
1.
§ 105
Absatz 2, §§ 106 bis 110
der Landeshaushaltsordnung (LHO),
2.
§§ 1 bis 87
LHO entsprechend.
(2) Die BGBW wird ermächtigt, in ihrer Satzung eine Wirtschaftsführung, Buchführung und Rechnungslegung nach den Grundsätzen des Handelsgesetzbuchs nach § 110
LHO festzulegen. In diesem Fall tritt der Wirtschaftsplan nach § 110
Satz 2 LHO an die Stelle des Haushaltsplans nach §§ 106 und 108
LHO sowie der Jahresabschluss und der Lagebericht nach § 110
Satz 3 LHO an die Stelle der Rechnung nach § 109
Absatz 1 LHO. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuchs für große Kapitalgesellschaften aufzustellen und zu prüfen. Die Prüfung hat die für die Beteiligung der öffentlichen Hand geltenden besonderen Prüfungsbestimmungen nach § 53
des Haushaltsgrundsätzegesetzes zu umfassen.
(3) Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 12 Vorgesetzter
Unbeschadet §§ 56d
Absatz 4 Satz 2, 68a
Absätze 4 und 5 des Strafgesetzbuches, §§ 25 und 29
des Jugendgerichtsgesetzes, § 160
Absatz 3 Satz 2 und § 463d
der Strafprozessordnung und § 16
Absatz 3 Satz 1 der Gnadenordnung vom 20. September 2001 (Die Justiz, S. 506) ist der Vorstand Vorgesetzter der bei der BGBW tätigen Personen; § 20
Absatz 3 BeamtStG bleibt unberührt. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, ist die nähere Festlegung in der Geschäftsordnung für den Vorstand zu treffen. Das Weitere bestimmt sich aus der inneren Organisation der BGBW.
§ 13 Satzung der BGBW
(1) Die Rechtsverhältnisse der BGBW werden im Einzelnen durch eine vom Verwaltungsrat zu erlassende Satzung bestimmt.
(2) Die Satzungsbestimmungen zu § 11 bedürfen der vorherigen Zustimmung des Finanzministeriums.
(3) Die Satzung ist nach § 14 bekanntzumachen.
§ 14 Bekanntmachungen, Veröffentlichungen der BGBW
(1) Bekanntmachungen der BGBW erfolgen, soweit nichts anderes bestimmt ist, im Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg »Die Justiz«.
(2) Die BGBW hat die sie betreffenden Angaben nach den Grundsätzen guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung zu veröffentlichen. Das Nähere bestimmt die Satzung der BGBW.
§ 15 Aufsicht über die BGBW
(1) Die BGBW untersteht der Fachaufsicht des Landes. Die Aufsichtsbehörde kann die dazu erforderlichen Weisungen erteilen.
(2) Die Aufsicht über die BGBW übt das Justizministerium aus.
(3) Der vorherigen Zustimmung des Justizministeriums bedürfen:
1.
Erlass, Änderungen und Ergänzungen einer Geschäftsordnung des Verwaltungsrats nach § 8 Absatz 4;
2.
Erlass, Änderungen und Ergänzungen der Satzung nach § 13 Absatz 1.
§ 16 [1] Umwandlung der bisherigen Dienststellen der Bewährungs- und Gerichtshilfe
Die bisherigen, durch Verordnung des Justizministeriums zur Durchführung des Landesgesetzes über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug vom 2. Januar 2008 (GBl. S. 30) errichteten Dienststellen der Bewährungs- und Gerichtshilfe werden zu örtlichen Einrichtungen der BGBW umgewandelt.
Fußnoten
[1]
§ 16 in Kraft mit Wirkung vom 1. Januar 2017
Abschnitt 3 Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 17 [1] Übergangspersonalrat, Übergangsjugend- und Auszubildendenvertretung
(1) Bei der BGBW wird aus dem Kreis ihrer Beschäftigten ein Übergangspersonalrat mit acht Mitgliedern gebildet. Die Arbeitsgemeinschaft der örtlichen Personalräte der bisherigen Dienststellen nach § 16 und der Betriebsrat des seitherigen freien Trägers der Bewährungs- und Gerichtshilfe benennen zu gleichen Teilen die Mitglieder und die Ersatzmitglieder des Übergangspersonalrats aus ihren jeweiligen Reihen. Sie legen hierbei auch die Reihenfolge des Eintritts der jeweiligen Ersatzmitglieder fest.
(2) Die Amtszeit des Übergangspersonalrats endet mit der Neuwahl des Personalrats der BGBW, spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2017.
(3) Für den Übergangspersonalrat gelten die Regelungen des LPVG für Personalräte entsprechend. § 19
LPVG gilt mit der Maßgabe, dass das lebensälteste Mitglied des Übergangspersonalrats die Aufgaben des Wahlvorstands wahrnimmt.
(4) Bei der BGBW wird aus dem Kreis ihrer Beschäftigten eine Übergangsjugend- und Auszubildendenvertretung gebildet. Dieser gehören die Beschäftigten der BGBW an, die am 31. Dezember 2016 Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung beim bisherigen freien Träger waren. Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.
Fußnoten
[1]
§ 17 in Kraft mit Wirkung vom 1. Januar 2017
§ 18 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft mit Ausnahme von § 1 Absatz 1 und §§ 2, 16 und 17, die am 1. Januar 2017 in Kraft treten. Das Landesgesetz über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469, 504), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2007 (GBl. S. 580) geändert worden ist, tritt am 31. Dezember 2016 außer Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
STUTTGART, den 26. Oktober 2016
Die Regierung des Landes Baden-Württemberg: |
|
KRETSCHMANN |
|
STROBL |
DR. EISENMANN |
BAUER |
UNTERSTELLER |
DR. HOFFMEISTER-KRAUT |
HAUK |
|
HERMANN |
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