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DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung des Kultusministeriums über die Prüfung für den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen (Begabtenprüfung) Vom 16. Oktober 1984

§ 1 Zweck der Prüfung

Die Prüfung soll hervorragend begabten Bewerbern, die für ein bestimmtes Fachgebiet eine herausragende Befähigung besitzen, die aber wegen ihres Entwicklungsganges keine Abiturprüfung ablegen konnten und denen die Teilnahme an der Abiturprüfung für Schulfremde nicht mehr zugemutet werden kann, durch den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife den Zugang zum Hochschulstudium ermöglichen.

§ 2 Ort und Zeitpunkt der Prüfung

Die Prüfung findet einmal jährlich an einem vom Kultusministerium bestimmten Regierungspräsidium statt.

§ 3 Zulassung zur Prüfung

(1) Der Bewerber wird zur Prüfung nur zugelassen, wenn sich aus den vorgelegten Unterlagen und gegebenenfalls einem Vorgespräch ergibt, daß er nach seiner Persönlichkeit, seinen geistigen Fähigkeiten und seinen bisherigen Leistungen für das beabsichtigte Studium besonders geeignet erscheint und daß er eine angemessene, vielseitige Bildung besitzt.
(2) Der Bewerber muß das 25. Lebensjahr vollendet haben.
(3) Der Bewerber muß nach Abschluß einer beruflichen Ausbildung mindestens fünf Jahre oder im Falle einer Abschlußprüfung nach § 40
Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes insgesamt mindestens sieben Jahre berufstätig gewesen sein. Die Führung eines Familienhaushalts mit mindestens drei Personen, in Ausnahmefällen mit mindestens einer erziehungs- oder pflegebedürftigen Person, ist anderen Berufstätigkeiten gleichgestellt.
(4) Der Bewerber muß seinen Hauptwohnsitz in Baden-Württemberg haben.
(5) Nicht zur Prüfung zugelassen werden Bewerber, die bereits einen erfolglosen Versuch unternommen haben, eine allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife oder Fachhochschulreife zu erlangen. Ferner werden Bewerber nicht zugelassen, die eine fachgebundene Hochschulreife besitzen und die Möglichkeit haben, eine Ergänzungsprüfung zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife abzulegen.
(6) Das Kultusministerium entscheidet über die Zulassung zur Prüfung und weist den Bewerber einem Regierungspräsidium zu.

§ 4 Meldung zur Prüfung

(1) Die Meldung ist bis zum 1. August für die Prüfung im darauffolgenden Jahr an das Kultusministerium zu richten.
(2) Der Meldung sind beizufügen: 1.
ein Lebenslauf mit ausführlichen Angaben über den bisherigen Bildungsgang, die ausgeübte Berufstätigkeit, die wissenschaftliche Beschäftigung und das erstrebte Berufsziel,
2.
sämtliche Schulabgangszeugnisse, 3.
Nachweise über Berufsausbildung und Berufsleistungen,
4.
Angaben über das gewählte wissenschaftliche Fachgebiet, die Schwerpunktgebiete in den einzelnen Fächern und das beabsichtigte Studium,
5.
zwei Gutachten über die Befähigung, die Leistungen und den Bildungsstand des Bewerbers, insbesondere im gewählten Fachgebiet, wobei ein im Funkkolleg erworbenes Zertifikat als Gutachten anerkannt werden kann,
6.
die Versicherung, daß sich der Bewerber weder der ordentlichen Abiturprüfung noch der Abiturprüfung für Schulfremde noch der Prüfung für die Zulassung zum Hochschulstudium ohne Reifezeugnis oder einer Prüfung zum Erwerb der Fachhochschulreife unterzogen und daß er auch nicht um Zulassung zu einer dieser Prüfungen nachgesucht hat,
7.
der Nachweis, daß der Bewerber Deutscher im Sinne des Artikels 116
GG ist, 8.
ein Lichtbild in Paßbildgröße.
Zeugnisse sind in amtlich beglaubigter Abschrift vorzulegen. Die Vorlage der Zeugnisurschriften kann verlangt werden.

§ 5 Allgemeine Prüfungsbestimmungen

(1) Für die Abnahme der Prüfung jedes Bewerbers wird ein Prüfungsausschuß gebildet. Diesem gehören an:
1.
als Vorsitzender ein Beauftragter des Kultusministeriums,
2.
ein Hochschullehrer als Prüfer für das gewählte wissenschaftliche Fachgebiet,
3.
vom Regierungspräsidium bestimmte Prüfer für die einzelnen Prüfungsfächer (Fachprüfer).
(2) Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil.
(3) Die Prüfungsanforderungen richten sich im Schwerpunktgebiet des wissenschaftlichen Faches nach dem Kenntnisstand am Ende von vier Studiensemestern an einer wissenschaftlichen Hochschule, in den übrigen Prüfungsfächern nach den Anforderungen der Abiturprüfung.
(4) Für die Bewertung der Leistungen gilt § 6 Abs. 1, für die Nichtteilnahme an der Prüfung und für Täuschungshandlungen gelten die §§ 29, 30
Abiturverordnung Gymnasien der Normalform (AGVO) entsprechend.
(5) Über die schriftliche und die mündliche Prüfung sowie über die Schlußsitzung ist ein Protokoll zu fertigen. § 23 Abs. 4, § 26 Abs. 9 und § 28 Abs. 2
AGVO in der jeweils geltenden Fassung finden entsprechend Anwendung.

§ 6 Schriftliche Prüfung

(1) Die schriftliche Prüfung erstreckt sich auf 1.
das vom Bewerber gewählte wissenschaftliche Fachgebiet; es kann nur ein Fachgebiet gewählt werden, das als Studiengang an einer wissenschaftlichen Hochschule des Landes Baden-Württemberg angeboten wird,
2.
Deutsch, 3.
Mathematik oder eine der Fremdsprachen Englisch, Französisch, Latein.
Benennt der Bewerber als wissenschaftliches Fachgebiet eines der Fächer Mathematik, Fremdsprache, Deutsch, so werden jeweils die beiden anderen Fächer schriftlich geprüft.
(2) Die Bearbeitungszeit beträgt mindestens 240 Minuten und höchstens 300 Minuten.
(3) Die schriftliche Arbeit im wissenschaftlichen Fachgebiet wird vom Hochschullehrer und einem weiteren, entsprechend fachlich vorgebildeten Angehörigen einer Hochschule korrigiert und bewertet. Die übrigen schriftlichen Arbeiten werden vom Fachprüfer und einem weiteren vom Regierungspräsidium bestimmten Fachlehrer mit der Lehrbefähigung für das Gymnasium oder mit der entsprechenden Lehrbefähigung für berufliche Schulen korrigiert und bewertet. Weichen die Bewertungen um mehr als zwei Punkte voneinander ab, muß ein Beauftragter des Regierungspräsidiums die beiden vorausgegangenen Bewertungen überprüfen und die endgültige Bewertung für die schriftlichen Arbeiten festsetzen.

§ 7 Mündliche Prüfung

(1) Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf 1.
das vom Bewerber gewählte wissenschaftliche Fachgebiet,
2.
Mathematik, falls eine Fremdsprache schriftlich geprüft wurde oder eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 3 genannten Fremdsprachen, falls Mathematik schriftlich geprüft wurde,
3.
auf ein Fach aus der Fächergruppe 1: Physik, Chemie, Biologie oder auf ein Fach aus der Fächergruppe 2: Geschichte, Erdkunde.
Die Fächergruppe wird mit der Zulassung festgelegt. Das Prüfungsfach aus der Fächergruppe wählt der Bewerber.
(2) Falls Mathematik und eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 3 genannten Fremdsprachen bereits Gegenstand der schriftlichen Prüfung sind, wird mit der Zulassung ein weiteres Fach aus den Fächergruppen 1 oder 2 (Absatz 1 Nr. 3) als Prüfungsfach nach Absatz 1 Nr. 2 festgelegt. Benennt der Bewerber als wissenschaftliches Fachgebiet ein Fach der Fächergruppe 1 oder der Fächergruppe 2, so kann dieses Fach nicht nach Absatz 1 Nr. 3 mündlich geprüft werden.
(3) Die mündliche Prüfung wird als Einzelprüfung durchgeführt. Sie dauert in der Regel 1 1/2 bis 2 Stunden, wobei die Prüfungszeit auf die einzelnen Fächer etwa gleichmäßig zu verteilen ist.
(4) Die Aufgaben im wissenschaftlichen Fachgebiet werden vom Hochschullehrer gestellt und bewertet, in den übrigen Fächern von den Fachprüfern.

§ 8 Ergebnis der Prüfung, Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife

(1) Zur mündlichen Prüfung wird ein Bewerber nur zugelassen, wenn er in keinem Fach der schriftlichen Prüfung weniger als fünf Punkte erreicht hat. Die Nichtzulassung zur mündlichen Prüfung gilt als Nichtzuerkennung der allgemeinen Hochschulreife. Die Entscheidung trifft der Vorsitzende des Prüfungsausschusses.
(2) Nach Abschluß der mündlichen Prüfung ermittelt der Prüfungsausschuß in der Schlußsitzung das Gesamtergebnis der Prüfung und stellt fest, wer die Prüfung bestanden hat. Ferner ist die Gesamtnote nach der als Anlage beigefügten Tabelle zu ermitteln.
(3) Das Gesamtergebnis der Prüfung ergibt sich aus der Summe der in der schriftlichen und mündlichen Prüfung erzielten Punkte, wobei bei der schriftlichen Prüfung die Leistungen im wissenschaftlichen Fachgebiet mit acht, in den beiden anderen Fächern jeweils mit sechs und bei der mündlichen Prüfung das wissenschaftliche Fachgebiet mit vier und die beiden anderen Fächer jeweils mit drei multipliziert werden.
(4) Die Prüfung ist bestanden, wenn der Bewerber im schriftlichen und im mündlichen Prüfungsteil in keinem Fach weniger als fünf Punkte einfacher Wertung erhalten hat. Wer die Prüfung bestanden hat, erhält die allgemeine Hochschulreife zuerkannt.

§ 9 Wiederholung der Prüfung

Die Prüfung kann einmal und nur insgesamt wiederholt werden.

§ 10 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung im Gesetzblatt in Kraft. Gleichzeitig tritt die Ordnung der Prüfung für die Zulassung zum Hochschulstudium ohne Reifezeugnis (»Begabtenprüfung«) vom 10. Mai 1960 (K.u.U. S. 324), geändert durch die Bekanntmachung vom 11. Mai 1970 (K.u.U. S. 577), außer Kraft.
Stuttgart, den 16. Oktober 1984
Mayer-Vorfelder

Anlage

(Zu § 8 Abs. 2)
Die erzielte Gesamtpunktzahl ist nach folgender Tabelle in eine Gesamtnote umzurechnen.

P N

P N

P N

450-412 : 1,0

366-358 : 1,6

312-304 : 2,2

411-403 : 1,1

357-349 : 1,7

303-295 : 2,3

402-394 : 1,2

348-340 : 1,8

294-286 : 2,4

393-385 : 1,3

339-331 : 1,9

285-277 : 2,5

384-376 : 1,4

330-322 : 2,0

276-268 : 2,6

375-367 : 1,5

321-313 : 2,1

267-259 : 2,7

258-250 : 2,8

213-205 : 3,3

177-169 : 3,7

249-241 : 2,9

204-196 : 3,4

168-160 : 3,8

240-232 : 3,0

195-187 : 3,5

159-151 : 3,9

231-223 : 3,1

186-178 : 3,6

150-142 : 4,0

222-214 : 3,2

 

 

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