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DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Württ.-bad. Gesetz Nr. 925 über die Anwendung des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus (Befreiungsgesetz) auf Heimkehrer Vom 9. April 1948

§ 1

Dieses Gesetz gilt für die Kriegsgefangenen, die nach dem 8. Mai 1947 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden sind und sich in der US-Zone polizeilich gemeldet haben (im folgenden "Heimkehrer" genannt), sofern sie nicht schon unter die Jugendamnestie fallen.

§ 2

Fällt der Heimkehrer nicht in die Klasse I oder II der Anlage A zum Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 ("Befreiungsgesetz") und besteht auf Grund des Ergebnisses der Ermittlungen des Öffentlichen Klägers kein hinreichender Verdacht, daß der Heimkehrer Hauptschuldiger oder Belasteter ist, so hat der Öffentliche Kläger keine Klage zu erheben und ein bereits eingeleitetes Verfahren einzustellen.
Fällt der Heimkehrer in die Klasse II der Anlage A zum Befreiungsgesetz, so kann der Öffentliche Kläger, wenn keine Belastungen im Sinne der Art. 5, 7, 8 oder 9 vorliegen, mit Zustimmung der örtlichen Militärregierung das Verfahren einstellen.

§ 3

Wenn der Heimkehrer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im schriftlichen Verfahren oder auf Grund mündlicher Verhandlung nicht in die Gruppe der Hauptschuldigen oder Belasteten einzureihen ist, so hat die Kammer das Verfahren einzustellen.

§ 4

Wenn der Heimkehrer bereits rechtskräftig in die Gruppe der Minderbelasteten oder Mitläufer eingereiht ist, so hat der Öffentliche Kläger dem Minister für politische Befreiung gemäß Art. 52 des Befreiungsgesetzes die Entscheidung zur Aufhebung und Einstellung des Verfahrens vorzulegen. Von dem Heimkehrer bereits erfüllte Sühneleistungen und bezahlte Verfahrenskosten werden nicht erstattet.

§ 5

Art. 58 Abs. 1 des Befreiungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 23. Oktober 1947 findet nur auf die Heimkehrer Anwendung, die in die Klasse I der Gesetzesanlage fallen. Auf Heimkehrer, die in die Klasse II der Gesetzesanlage fallen, findet Art. 58 Abs. 3a des Befreiungsgesetzes entsprechende Anwendung.

§ 6

Wenn das Verfahren eingestellt wird, fallen die Kosten des Verfahrens der Staatskasse zur Last.

§ 7

Die Einstellung des Verfahrens hat zur Folge, daß der Heimkehrer die Rechtsstellung eines Betroffenen erhält, dessen Verfahren auf Grund der Verordnung zur Durchführung der Weihnachtsamnestie vom 5. Februar 1947 eingestellt worden ist.
Will der Heimkehrer als nicht betroffen, nicht belastet oder entlastet erklärt werden, so kann er die Durchführung des ordentlichen Verfahrens beantragen. Erweist sich dieser Antrag als unbegründet, so hat der Heimkehrer abweichend von § 6 dieses Gesetzes und § 7 der Gebührenordnung vom 4. April 1946 die Kosten des Verfahrens zu tragen.

§ 8

Die vorstehenden Bestimmungen finden entsprechende Anwendung auf Kriegsgefangene, gegen die in ihrer Abwesenheit gemäß Art. 36 des Befreiungsgesetzes ein Verfahren durchgeführt wird.

§ 9

Gegen Angehörige einer nach dem Urteil des Nürnberger Militärgerichtshofs für verbrecherisch erklärten Organisation kann die Kammer das Verfahren nach diesem Gesetz nur dann einstellen, wenn sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Feststellung gelangt, daß der Heimkehrer
1.
  a)
von den verbrecherischen Handlungen oder Absichten der Organisation keine Kenntnis hatte oder
b)
Im Falle der Zugehörigkeit zur Waffen-SS zu dieser Organisation zwangsweise eingezogen wurde und
2.
sich selbst nicht an verbrecherischen Handlungen beteiligt hat.

§ 10

(aufgehoben)

§ 11

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 18. März 1948 in Kraft.
Stuttgart, den 9. April 1948

Die Regierung des Landes Württemberg-Baden:

Dr. Reinhold Maier

Dr. H. Köhler

J. Beyerle

Fritz Ulrich

Stooß

R. Kohl

Dr. Veit

Otto Steinmayer

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