EAG BW
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz über Einheitliche Ansprechpartner für das Land Baden-Württemberg (EAG BW)

§ 1 Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1) Die Einheitlichen Ansprechpartner für das Land Baden-Württemberg nehmen die dem Einheitlichen Ansprechpartner zugewiesenen Aufgaben der Verfahrensabwicklung und der Informationsbereitstellung
1.
für die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit nach der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36 - Dienstleistungsrichtlinie) und
2.
für die Feststellung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Berufsqualifikationen
wahr. Die Einheitlichen Ansprechpartner sind einheitliche Stellen im Sinne der §§ 71 a bis 71 e
des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und der §§ 71 a bis 71 e
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Dienstleistungserbringer im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche oder juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Dienstleistungen im Sinne von Artikel 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft anbieten oder erbringen. Dienstleistungsempfänger im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche oder juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die für berufliche oder andere Zwecke eine Dienstleistung im Sinne von Artikel 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in Anspruch nehmen oder nehmen möchten.
(3) Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger aus dem Inland und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum können Anfragen und Verfahren nach Absatz 1 Nummer 1 über den Einheitlichen Ansprechpartner abwickeln, soweit eine Rechtsvorschrift dies anordnet.
(4) Natürliche Personen, die im Ausland eine Berufsqualifikation erworben haben und darlegen, in Baden-Württemberg eine entsprechende Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen, können Anfragen und Verfahren nach Absatz 1 Nummer 2 über den Einheitlichen Ansprechpartner abwickeln, soweit eine Rechtsvorschrift dies anordnet.

§ 2 Zuständigkeit

(1) Einheitliche Ansprechpartner sind die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, die Rechtsanwaltskammern und die Steuerberaterkammern in Baden-Württemberg, die Architektenkammer Baden-Württemberg, die Ingenieurkammer Baden-Württemberg, die Landesärztekammer Baden-Württemberg, die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, die Landestierärztekammer Baden-Württemberg, die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg und die Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Baden-Württemberg. Die Zuständigkeit der Kammern richtet sich nach deren sachlicher und örtlicher Zuständigkeit. Die Industrie- und Handelskammern sind zudem sachlich zuständig für Verfahren und Anfragen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, für die nicht die sachliche Zuständigkeit einer anderen Kammer begründet ist. Sind von einem Verfahren oder einer Anfrage mehrere Einheitliche Ansprechpartner nach diesem Absatz betroffen, so ist der Einheitliche Ansprechpartner sachlich zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Schwerpunkt der Anfrage oder des Verfahrens fällt. Ist die Zuständigkeit zweifelhaft, ist bis zur Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit durch die betroffenen Kammern derjenige Einheitliche Ansprechpartner zuständig, der für die Abwicklung des Verfahrens oder der Anfrage in Anspruch genommen wurde.
(1a) Sachlich zuständiger Einheitlicher Ansprechpartner für Verfahren und Anfragen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, für die nicht die sachliche Zuständigkeit einer Kammer nach Absatz 1 begründet ist, ist das Sozialministerium. Es kann sich hierzu öffentlicher oder privater Träger bedienen.
(2) Einheitliche Ansprechpartner sind zudem die Landkreise und die Stadtkreise, sofern diese gegenüber dem Wirtschaftsministerium anzeigen, dass sie die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners wahrnehmen möchten. Die Einheitlichen Ansprechpartner nach Satz 1 werden vom Wirtschaftsministerium im Gesetzblatt bekannt gemacht.**
Die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners gehen als Pflichtaufgabe mit Beginn des übernächsten Monats nach der Bekanntmachung auf den Landkreis oder Stadtkreis über, sofern in der Bekanntmachung kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist. Die Zuständigkeit der Landkreise und der Stadtkreise richtet sich nach deren örtlicher Zuständigkeit.
(3) Die Zuständigkeit nach Absatz 2 erlischt durch Erklärung des Landkreises oder des Stadtkreises gegenüber dem Wirtschaftsministerium. Das Erlöschen ist im Gesetzblatt bekannt zu machen**); es wird mit Ablauf des auf die Bekanntmachung folgenden Monats wirksam, sofern in der Bekanntmachung kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist.
(4) Die Zuständigkeit eines nach Absatz 1, 1 a oder 2 zuständigen Einheitlichen Ansprechpartners wird durch Erklärung des Dienstleistungserbringers oder der natürlichen Person nach § 1 Absatz 4 begründet. Die Inanspruchnahme verschiedener zuständiger Einheitlicher Ansprechpartner für ein Verfahren oder eine Anfrage ist nicht zulässig. Bei einem Wechsel des zuständigen Einheitlichen Ansprechpartners durch den Dienstleistungserbringer oder die natürliche Person nach § 1 Absatz 4 bleiben nach §§ 42 a
Abs. 2, 71b Abs. 2 Satz 1 VwVfG und §§ 42 a Abs. 2, § 71 b
Abs. 2 Satz 1 LVwVfG bereits in Lauf gesetzte Fristen unberücksichtigt.

Fußnoten

**
[Entsprechend der Bekanntmachung vom 15. Dezember 2009 (GBl. S. 798) und der Bekanntmachung vom 18. Januar 2010 (GBl. S. 33) werden folgende Land- und Stadtkreise die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners wahrnehmen:
Ab dem 28. Dezember 2009: - Alb-Donau-Kreis - Landkreis Biberach
- Bodenseekreis - Landkreis Böblingen - Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald - (Gemäß der Bekanntmachung vom 11. Juni 2014 (GBl. S. 338) wird der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ab dem 1. September 2014 die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners nicht mehr wahrnehmen.)
- Landkreis Calw - Landkreis Esslingen - Landkreis Freudenstadt
- Landkreis Göppingen - Landkreis Heilbronn - Hohenlohekreis
- Landkreis Karlsruhe - Landkreis Konstanz - Landkreis Lörrach
- Landkreis Ludwigsburg - Main-Tauber-Kreis - Ostalbkreis
- Landkreis Rastatt - Rems-Murr-Kreis - Landkreis Reutlingen
- Landkreis Schwäbisch Hall - Landkreis Sigmaringen
- Landkreis Tuttlingen - (Gemäß der Bekanntmachung vom 15. April 2015 (GBl. S. 343) nimmt der Landkreis Tuttlingen ab dem 1. Juni 2015 die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners nicht mehr wahr.)
- Stadtkreis Baden-Baden - Stadtkreis Freiburg - Stadtkreis Heidelberg
- Stadtkreis Heilbronn - Stadtkreis Karlsruhe - Stadtkreis Pforzheim
- Stadtkreis Ulm Ab dem 29. Dezember 2009: Landkreis Tübingen
Ab dem 1. Januar 2010: - Enzkreis - Rhein-Neckar-Kreis
- Landkreis Waldshut Ab dem 1. Februar 2010: Stadtkreis Stuttgart
Ab dem 1. März 2010: - Landkreis Emmendingen - Landkreis Heidenheim - (Gemäß der Bekanntmachung vom 19. Dezember 2011 (GBl. 2012, S. 17) nimmt der Landkreis Heidenheim ab dem 1. März 2012 die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners nicht mehr wahr.)
- Zollernalbkreis - Stadtkreis Mannheim]

§ 3 Gebühren und Erstattung

(1) Für die Tätigkeit des Einheitlichen Ansprechpartners können Gebühren nach Maßgabe von Artikel 13 Abs. 2 der Dienstleistungsrichtlinie erhoben werden. Die Gebühren sind so zu bemessen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten des entsprechenden Genehmigungsverfahrens oder einer anderen öffentlichen Leistung stehen. Für Gebühren nach Satz 1 und für die Gebühren des entsprechenden Genehmigungsverfahrens oder einer anderen öffentlichen Leistung gilt das Kostendeckungsprinzip.
(2) Durch die Wahrnehmung der Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners entstehen dem Land keine Kosten. Schadenersatzansprüche auf Grund einer Amtspflichtverletzung tragen die jeweiligen Kammern, Landkreise und Stadtkreise; § 56
Abs. 2 Satz 2 der Landkreisordnung findet keine Anwendung. Abweichend von Satz 2 werden vom Land den Kammern sowie Landkreisen und Stadtkreisen diejenigen Kosten erstattet, die im jeweiligen Haftungsfall auf einem Verschulden des Landes bei der elektronischen Informationsbereitstellung oder der elektronischen Verfahrensabwicklung beruhen.

§ 4 Elektronische Informationsbereitstellung und elektronische Verfahrensabwicklung

(1) Das Land stellt für das elektronische Verfahren nach § 71 e
VwVfG und § 71 e LVwVfG das Dienstleistungsportal des Landes Baden-Württemberg bereit.
(2) Die Einheitlichen Ansprechpartner und die für das jeweilige Verfahren zuständigen Behörden eröffnen mit den Funktionen des Dienstleistungsportals nach Absatz 1 einen elektronischen Zugang für die Dienstleistungserbringer, soweit nicht auf andere Weise ein geeigneter Zugang eröffnet ist.
(3) Die Einheitlichen Ansprechpartner und die für das jeweilige Verfahren zuständigen Behörden ermöglichen die Abwicklung von Verfahren nach § 71 e
VwVfG und § 71 e LVwVfG. Sie können die im Dienstleistungsportal dafür vorgesehenen elektronischen Funktionen ganz oder teilweise nutzen.
(4) [1]  Die jeweils fachlich berührten Ministerien, die Einheitlichen Ansprechpartner und die für das jeweilige Verfahren zuständigen Behörden stellen die zur Erfüllung der Informationspflichten der Einheitlichen Ansprechpartner und der zuständigen Behörden nach § 71 c
VwVfG und § 71 c LVwVfG und zur Entwicklung der elektronischen Verfahrensabwicklung erforderlichen Informationen der für die Redaktion der Inhalte des Dienstleistungsportals des Landes Baden-Württemberg zuständigen Stelle unverzüglich elektronisch zur Verfügung. Gleiches gilt, wenn Änderungen der zur Verfügung gestellten Informationen erforderlich werden. Diese Informationen stehen den Einheitlichen Ansprechpartnern und den zuständigen Behörden zur Nutzung zur Verfügung.

Fußnoten

[1]
Absatz 4 in Kraft mit Wirkung vom 8. Dezember 2009

§ 5 Informationspflicht der Dienstleistungserbringer

Bedarf die Aufnahme oder die Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit einer behördlichen Entscheidung und ist der Einheitliche Ansprechpartner zur Verfahrensabwicklung in Anspruch genommen worden, hat der Dienstleistungserbringer dem Einheitlichen Ansprechpartner unverzüglich folgende Sachverhalte anzuzeigen:
1.
Änderungen seiner Verhältnisse, die die Voraussetzungen für die behördliche Entscheidung betreffen,
2.
die Gründung von Tochtergesellschaften, deren Tätigkeiten einer behördlichen Entscheidung unterliegen.

§ 6 [1] Verordnungsermächtigung

(1) Durch gemeinsame Rechtsverordnung des Wirtschaftsministeriums und der jeweils fachlich berührten Ministerien
1.
können Vorschriften erlassen werden über die Verwaltungszusammenarbeit nach Kapitel VI der Dienstleistungsrichtlinie,
2.
kann die Geltung dieses Gesetzes angeordnet werden für Verwaltungsverfahren auf bundesgesetzlicher Grundlage, die dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie unterfallen, sofern bundesgesetzliche Regelungen nicht entgegenstehen,
3.
können vom Bundesrecht abweichende Vorschriften erlassen werden, wenn in Bundesgesetzen das Verfahren über eine einheitliche Stelle für Verwaltungsverfahren angeordnet ist, die nicht dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie unterfallen.
(2) Durch gemeinsame Rechtsverordnung des Wirtschafts- und des Innenministeriums sowie im Einvernehmen mit den jeweils fachlich berührten Ministerien können Einzelheiten zur elektronischen Informationsbereitstellung und Verfahrensabwicklung geregelt werden über
1.
die Vorgaben zur Sicherstellung der elektronischen Verfahrensabwicklung, der elektronischen Kommunikation und der elektronischen Informationsbereitstellung,
2.
die zu nutzenden Formulare und Formblätter, 3.
die Bestimmung des Verfahrens für die Bereitstellung der Informationen nach § 4 Abs. 4 und
4.
die Zusammenarbeit zwischen den Einheitlichen Ansprechpartnern, den für das jeweilige Verfahren zuständigen Behörden und dem Land.

Fußnoten

[1]
§ 6 in Kraft mit Wirkung vom 8. Dezember 2009

§ 7 Aufsicht

Die Einheitlichen Ansprechpartner unterstehen der Rechtsaufsicht nach den bestehenden gesetzlichen Regelungen.

§ 8 (aufgehoben)

§ 9 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 28. Dezember 2009 in Kraft mit Ausnahme der §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 4 und § 6, die am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Stuttgart, den 1. Dezember 2009

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Oettinger

Prof. Dr. Goll

Rech

Prof. Dr. Frankenberg

Hauk

Dr. Stolz

Gönner

Drautz

Prof'in Dr. Hübner

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