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DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Verordnung der Landesregierung über die Schiedsstelle nach § 80 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Schiedsstellenverordnung - SGB XII) Vom 30. Mai 1994

§ 1 Bildung und Aufgabe der Schiedsstelle sowie Rechtsaufsicht über die Schiedsstelle

(1) Für das Land Baden-Württemberg wird beim Kommunalverband für Jugend und Soziales eine Schiedsstelle gebildet.
(2) Die Schiedsstelle entscheidet in den ihr nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zugewiesenen Angelegenheiten.
(3) Die Schiedsstelle untersteht der Rechtsaufsicht des Sozialministeriums (Ministerium).
(4) Für die Schiedsstelle wird an deren Sitz eine Geschäftsstelle gebildet. Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle unterliegen den Weisungen des Vorsitzenden der Schiedsstelle.

§ 2 Mitglieder

(1) Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, fünf Vertretern der Einrichtungen in freigemeinnütziger, kommunaler und privatgewerblicher Trägerschaft sowie fünf Vertretern der örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträger.
(2) Der Vorsitzende hat einen Stellvertreter, die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle haben mindestens zwei und höchstens drei Stellvertreter. Der Stellvertreter hat bei Verhinderung des Mitglieds (§ 6 Abs. 3) dessen Rechte und Pflichten.

§ 3 Bestellung der Mitglieder

(1) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden von den beteiligten Organisationen im Sinne des § 80 Abs. 2
des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gemeinsam bestellt. Kommt eine Einigung nicht zustande, werden sie durch Los bestimmt. Soweit beteiligte Organisationen keine Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden und des Stellvertreters bis spätestens zwei Monate vor Beginn der neuen Amtszeit (§ 4 Abs. 2) oder nach einem vorzeitigen Ausscheiden benennen, benennt das Ministerium auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die Kandidaten; dies gilt nicht, wenn die beteiligten Organisationen die Benennung vornehmen, bevor das Ministerium die Kandidaten benannt hat.
(2) Als Vertreter der Einrichtungen und deren Stellvertreter bestellen:
-
drei Mitglieder und deren Stellvertreter
die Vereinigungen der freigemeinnützigen Träger, -
ein Mitglied und dessen Stellvertreter
die kommunalen Landesverbände, -
ein Mitglied und dessen Stellvertreter
die in Baden-Württemberg vertretenen Vereinigungen der privatgewerblichen Träger.
(3) Als Vertreter der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe und deren Stellvertreter bestellen die kommunalen Landesverbände einschließlich der örtlichen Sozialhilfeträger und des überörtlichen Sozialhilfeträgers insgesamt fünf Personen, wobei jeder kommunale Landesverband mindestens mit einer Person vertreten sein muss.
(4) Soweit beteiligte Organisationen keinen Vertreter bestellen, bestellt das Ministerium auf Antrag einer der beteiligten Organisationen die Vertreter; dies gilt nicht, wenn die beteiligten Organisationen die Bestellung vornehmen, bevor das Ministerium die Vertreter bestellt hat.
(5) Die Bestellung bedarf des Einverständnisses des Betroffenen und der Schriftform.
(6) Die Bestellung ist der Geschäftsstelle (§ 1 Abs. 4) schriftlich mitzuteilen; sie wird mit Eingang bei der Geschäftsstelle wirksam. Diese unterrichtet schriftlich die beteiligten Organisationen und das Ministerium.

§ 4 Amtsperiode

(1) Eine Amtsperiode der Schiedsstelle beträgt vier Jahre.
(2) Die Amtszeit des Vorsitzenden und seines Stellvertreters beträgt zwei Jahre. Die beteiligten Organisationen können den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter mit der Maßgabe bestellen, daß nach Ablauf der Amtszeit der eine die Funktion des anderen übernimmt. Sie können die Bestellung nur gemeinsam ändern.
(3) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter werden für die Dauer der Amtsperiode der Schiedsstelle bestellt.
(4) Scheidet ein Mitglied oder ein Stellvertreter vor Ablauf der für ihn maßgebenden Amtszeit aus, so wird der Nachfolger für den Rest der Amtszeit bestellt.
(5) Erneute Bestellung ist möglich.

§ 5 Abberufung und Amtsniederlegung

(1) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter können von den beteiligten Organisationen gemeinsam abberufen werden. Sie können auf Antrag einer der beteiligten Organisationen aus wichtigem Grund vom Ministerium abberufen werden.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter können von den Organisationen abberufen werden, für die sie bestellt worden sind. Wurde der Betroffene vom Ministerium (§ 3 Abs. 4) bestellt, so wird die Abberufung erst mit der Bestellung des Nachfolgers wirksam.
(3) Der Betroffene ist vor der Abberufung anzuhören. Will das Ministerium abberufen, so sind auch die übrigen beteiligten Organisationen anzuhören. Die Abberufung bedarf der Schriftform. Sie ist auch der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen.
(4) Die Mitglieder der Schiedsstelle und ihre Stellvertreter können durch schriftliche Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle ihr Amt niederlegen.
(5) Die Geschäftsstelle unterrichtet die beteiligten Organisationen und das Ministerium schriftlich von der Abberufung und der Niederlegung des Amtes. Für das Wirksamwerden einer Abberufung und einer Amtsniederlegung gilt § 3 Abs. 6 Satz 1 zweiter Halbsatz entsprechend; Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

§ 6 Amtsführung

(1) Die Mitglieder der Schiedsstelle führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind in der Ausübung ihres Amtes an Weisungen nicht gebunden.
(2) Die Mitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Schiedsstelle teilzunehmen.
(3) Ein an der Teilnahme verhindertes Mitglied muß unverzüglich nach Bekanntgabe des Sitzungstermins einen seiner Stellvertreter zur Teilnahme an der Sitzung auffordern und die Verhinderung sowie den Stellvertreter der Geschäftsstelle mitteilen. In der Einladung soll auf diese Pflicht hingewiesen werden.

§ 7 Geschäftsordnung

Die Schiedsstelle kann sich eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Zustimmung des Ministeriums.

§ 8 Antrag

(1) Das Schiedsverfahren beginnt mit dem schriftlichen Antrag einer Vertragspartei, über die Gegenstände zu entscheiden, über die eine Vereinbarung nicht zustande gekommen ist. Der Antrag ist bei der Geschäftsstelle einzureichen.
(2) Der Antrag hat die Vertragsparteien zu bezeichnen, den Sachverhalt und das Ergebnis der vorangegangenen Verhandlungen darzulegen sowie die Gegenstände aufzuführen, über die eine Vereinbarung nicht zustandegekommen ist. Die von der Einrichtung in den Verhandlungen vorgelegten Nachweise und sonstigen Unterlagen sind beizufügen.
(3) Auf Verlangen des Vorsitzenden ist eine Vertragspartei verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, die für die Entscheidung der Schiedsstelle erforderlich sind.

§ 9 Vorbereitung und Leitung der Sitzungen

(1) Der Vorsitzende legt Ort, Zeit und Gegenstand der Sitzungen der Schiedsstelle fest.
(2) Von dem Termin jeder Sitzung sollen die Mitglieder der Schiedsstelle sowie das Ministerium möglichst drei Wochen vorher in Kenntnis gesetzt werden. Die Einladung selbst muß spätestens zwei Wochen vor der Sitzung zur Post gegeben werden. Sie enthält die Angaben von Ort und Zeit sowie die Tagesordnung und die Beratungsunterlagen.

§ 10 Mündliche Verhandlung

(1) Die Schiedsstelle entscheidet unverzüglich über den Antrag (§ 8 Abs. 1) auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Zu der mündlichen Verhandlung sind die Vertragsparteien zu laden. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche. Es kann in Abwesenheit von Vertragsparteien verhandelt werden, wenn in der Ladung darauf hingewiesen worden ist.
(3) Die mündliche Verhandlung ist nichtöffentlich. Das Ministerium ist berechtigt, hieran mit einem Vertreter teilzunehmen und das Wort zu ergreifen. Die stellvertretende vorsitzende Person, die stellvertretenden Mitglieder sowie ein weiterer Vertreter des Ministeriums können als Zuhörende ohne Rederecht teilnehmen.
(4) Die Schiedsstelle kann Zeugen und Sachverständige hinzuziehen.
(5) Über die mündliche Verhandlung ist eine Niederschrift nach Maßgabe von § 93
des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes zu fertigen.

§ 11 Beratung und Entscheidung

(1) Die Schiedsstelle ist beschlußfähig, wenn neben dem Vorsitzenden mindestens je drei Vertreter der Träger der Einrichtungen und der Träger der Sozialhilfe anwesend sind.
(2) Die Schiedsstelle berät und entscheidet nichtöffentlich in Abwesenheit der Vertragsparteien. Für die stellvertretende vorsitzende Person sowie die
stellvertretenden Mitglieder gilt § 10 Absatz 3 Satz 3 entsprechend. Entschieden wird mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder; jedes Mitglied hat eine Stimme. Der Vertreter des Ministeriums und sein Stellvertreter dürfen an der Beratung teilnehmen und das Wort ergreifen; sie haben kein Stimmrecht. Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Ergibt sich keine Mehrheit, so gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(3) Die Entscheidung ist schriftlich zu erlassen und zu begründen sowie vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. Sie ist den Vertragsparteien zuzustellen.

§ 12 (aufgehoben)

§ 13 Entschädigung

(1) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter erhalten Reisekosten nach den für Beamte des Landes geltenden reisekostenrechtlichen Vorschriften. Für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand erhalten sie einen Pauschalbetrag, dessen Höhe die beteiligten Organisationen gemeinsam festlegen. Kommt eine Regelung nicht zustande, so wird der Pauschalbetrag auf Antrag einer der beteiligten Organisationen vom Ministerium festgesetzt.
(2) Die übrigen Mitglieder der Schiedsstelle erhalten Reisekosten sowie Ersatz für sonstige Barauslagen und Zeitaufwand von den Organisationen, die sie bestellt haben, nach deren Regelungen.
(3) Sachverständige und Zeugen erhalten eine Entschädigung entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen.
(4) Ansprüche auf Entschädigung nach den Absätzen 1 und 3 sind bei der Geschäftsstelle geltend zu machen.

§ 14 Kosten

(1) Für das Verfahren der Schiedsstelle erhebt die Geschäftsstelle Gebühren. Das Nähere hierzu, insbesondere zum Mindestbetrag und Höchstbetrag, zur Auferlegung auf die Vertragsparteien und die Bemessungsmaßstäbe, legen die beteiligten Organisationen gemeinsam fest. Sie können Festlegungen nur gemeinsam ändern oder aufheben. Die Festlegungen bedürfen der Zustimmung des Ministeriums.
(2) Die durch die Gebühren nicht gedeckten Kosten der Schiedsstelle einschließlich der Geschäftsstelle tragen die beteiligten Organisationen als Gesamtschuldner untereinander nach dem Verhältnis der Anzahl der von ihnen zu bestellenden Mitglieder. § 13 Abs. 2 bleibt unberührt.

§ 15 Inkrafttreten, Übergangsvorschrift

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Die erste Amtsperiode der Schiedsstelle beginnt am 1. Juli 1994; der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen bis zum 31. Juli 1994 bestellt sein.
Stuttgart, den 30. Mai 1994

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Teufel Birzele Dr. Schultz-Hector von Trotha Dr. Schäuble Mayer-Vorfelder
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