BliHG
DE - Landesrecht Baden-Württemberg

Gesetz über die Landesblindenhilfe (Blindenhilfegesetz - BliHG) Vom 8. Februar 1972

§ 1 Anspruchsvoraussetzungen

(1) Blinde, die das erste Lebensjahr vollendet und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Baden-Württemberg haben, oder nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 204 vom 4. August 2007, S. 30), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22. Dezember 2010, S. 35), in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen und Benachteiligungen eine Landesblindenhilfe. Blindengeld erhalten auch Blinde, die sich in Heimen oder gleichartigen Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zur Zeit der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Baden-Württemberg hatten und nicht nach der Regelung im Aufenthaltsland Blindengeld erhalten.
(2) Dieses Gesetz gilt auch für Personen, 1.
deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 1
/50 beträgt oder 2.
bei denen durch Nr. 1 nicht erfaßte, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, daß sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleichzuachten sind.
(3) Blinde haben keinen Anspruch auf Landesblindenhilfe, wenn sie
1.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen,
2.
eine Freiheitsstrafe verbüßen, 3.
sich in Sicherungsverwahrung befinden, 4.
auf Grund eines strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder auf Grund einer sonstigen richterlichen Entscheidung andernorts untergebracht sind.

§ 2 Höhe der Leistung

(1) Die Landesblindenhilfe wird Blinden nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe eines Betrages von 410 Euro monatlich, Blinden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Höhe eines Betrages von 205 Euro monatlich gewährt.
(2) Die Landesblindenhilfe beträgt 50 vom Hundert der Beträge nach Absatz 1, wenn sich Blinde in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befinden und
1.
Leistungen zur stationären Pflege nach § 43 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) oder entsprechende Leistungen aus einem bestehenden Pflegeversicherungsvertrag mit einem privaten Versicherungsunternehmen oder entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährt werden oder
2.
die Kosten des Aufenthalts ganz oder überwiegend aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen werden.
Dies gilt von dem ersten Tage des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird die Blindenhilfe in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

§ 3 Anrechnung von Pflegeleistungen bei pflegebedürftigen blinden Menschen und von sonstigen Leistungen

(1) Leistungen, die Blinden zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften zustehen, werden auf die Landesblindenhilfe angerechnet. Entsprechendes gilt insbesondere für Blindenhilfe, die nach den Vorschriften der anderen Bundesländer erbracht wird, und für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten.
(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 39
SGB XI, bei teilstationärer Pflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42
SGB XI werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei Pflegegrad 2 mit 46 vom Hundert des Pflegegeldes dieses Pflegegrades und bei den Pflegegraden 3 bis 5 mit jeweils 33 vom Hundert des Pflegegeldes des Pflegegrades 3 nach § 37 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2
SGB XI angerechnet. Entsprechende Leistungen auf Grund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.
(3) Bei Minderjährigen verringert sich der nach Absatz 2 jeweils anzurechnende Betrag um 50 vom Hundert.

§ 3a Übergangsvorschrift

Leistungsbeziehende, bei denen sich die Landesblindenhilfe aufgrund der Änderung der Anrechnungsvorschriften von Pflegeleistungen nach § 3 Absatz 2 Satz 1 dieses Gesetzes in der Fassung vom 1. Januar 2017 vermindern würde, erhalten weiterhin den für Dezember 2016 rechtmäßig festgestellten Zahlbetrag, solange und soweit nach dem 1. Januar 2017 keine Erhöhung des Pflegegrades festgestellt wird, keine Aufnahme in eine Einrichtung erfolgt und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach diesem Gesetz weiterhin vorliegen.

§ 4 Unübertragbarkeit, Unpfändbarkeit, Unvererblichkeit

Der Anspruch auf Landesblindenhilfe kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

§ 5 Antragstellung, Beginn und Ende der Leistung

(1) Die Landesblindenhilfe wird auf Antrag gewährt. Ändert sich die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe durch Aufenthaltswechsel des Berechtigten innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes, so bedarf es keines neuen Antrags; die Leistungspflicht des bis zum Aufenthaltswechsel zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe endet mit Ablauf des Monats, der auf den Monat des Aufenthaltswechsels folgt.
(2) Die Gewährung der Landesblindenhilfe beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch mit dem ersten Tag des Antragsmonats.
(3) Eine Änderung oder Einstellung der Zahlung der Landesblindenhilfe wird mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die Voraussetzungen sich geändert haben oder weggefallen sind. § 2 Abs. 2 bleibt unberührt. Überzahlte Beträge sind anzurechnen oder einzuziehen. Auf die Rückforderung kann verzichtet werden, wenn sie zu einer unbilligen Härte führen würde.
(4) Werden Leistungen, die nach § 3 auf die Landesblindenhilfe anzurechnen sind, nachgezahlt, so hat der Blinde die überzahlten Beträge der Landesblindenhilfe zurückzuerstatten.

§ 6 Anzeigepflichten der Leistungsempfänger

(1) Leistungsempfänger haben jede Änderung der Tatsachen, die für die Gewährung der Landesblindenhilfe maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen. Bei Beschränkung der Geschäftsfähigkeit trifft die Verpflichtung die gesetzliche Vertretung.
(2) Verstoßen Leistungsempfänger vorsätzlich gegen die nach Absatz 1 Satz 1 obliegende Verpflichtung, so kann die Landesblindenhilfe gekürzt oder entzogen werden.

§ 7 Zuständigkeit

(1) Die Aufgaben nach diesem Gesetz obliegen den örtlichen Trägern der Sozialhilfe.
(2) Zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die blinde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hält sich die blinde Person in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung im Geltungsbereich des Grundgesetzes auf, so ist der Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich sie im Zeitpunkt der Aufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Bei Übertritten von einer solchen Einrichtung in eine andere ist der gewöhnliche Aufenthalt entscheidend, der für die erste Einrichtung maßgebend war. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nach Satz 2 und 3 nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt er außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes, findet Satz 1 Anwendung. Die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder bei einem Elternteil ist dem Aufenthalt in einer Einrichtung gleichgestellt. Der auf richterlich angeordneter Freiheitsentziehung beruhende Aufenthalt in einer Vollzugsanstalt begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Wird ein Kind in einer Einrichtung geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter. Hält sich die blinde Person in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit im Sinne des § 98
Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch auf, gilt § 98
Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend. Liegt der nach Satz 8 ermittelte Träger nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes, findet Satz 1 Anwendung. Gründet sich der Anspruch auf die zweite Alternative des § 1 Absatz 1 Satz 1, ist der Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich die Beschäftigung oder die selbstständige Tätigkeit schwerpunktmäßig stattfindet.

§ 8 Verfahren

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält, findet das Erste Buch Sozialgesetzbuch und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch entsprechende Anwendung.
(2) Über Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit.

§ 9

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1972 in Kraft.
Stuttgart, den 8. Februar 1972

Die Regierung des Landes Baden-Württemberg:

Dr. Filbinger Krause Dr. Hahn Dr. Schieler Gleichauf Dr. Schwarz
Dr. Brünner Dr. Seifriz Schwarz
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